Platten, die wir lieben: „Strangeways, Here We Come“ von The Smiths
Jeder hat unter seinen vielen Platten die eine, die ihm besonders viel bedeutet. Zur Plattenladenwoche erzählen Rolling Stone-Autoren ihre Vinyl-Liebesgeschichten. Heute ist Eric Pfeil an der Reihe.
Seit Montag stimmen wir uns täglich mit einem Artikel auf die Plattenladenwoche ein, die vom 15. bis zum 20. Oktober in ganz Deutschland stattfinden wird und die, wie schon im letzten Jahr, von unserem Magazin präsentiert wird. Alle Infos über Termine, Sonderveröffentlichungen und über die teilnehmenden Läden findet man unter www.plattenladenwoche.de.
Es gibt Fragen, in denen sich Morrissey und Johnny Marr, die ungleichen ehemaligen Köpfe von The Smiths, bis heute einig sind. Ja, doch, ebenso wie Johnny Marr halte auch er „Strangeways, Here We Come“ für das beste Album seiner einstigen Band, ließ der große Genervte einmal verlauten. Da sei man ganz einer Meinung. Und fuhr fort: „We say it quite often. At the same time. In our sleep. But in different beds …“Ob es tatsächlich das beste Smiths-Album ist, sei dahingestellt. Ich selbst neige, wie die meisten Fans und Kritiker, eher zu „The Queen Is Dead“, aber „Strangeways“ hat einen seltsamen, beinahe morbiden Charme, der die Platte zu einem persönlichen Lieblingsalbum auf Lebenszeit macht. Fest steht, dass sich die Band auf ihrem letzten Werk so ambitioniert, experimentierfreudig und vielfarbig zeigte wie nie zuvor. Als die Platte im September 1987 erschien, hatte Wundergitarrist Marr seinen Hut genommen, die Streitigkeiten mit dem genialischen Griesgram Morrissey waren einfach zu aufreibend geworden. Als Ersatz engagierten Morrissey, Mike Joyce und Andy Rourke den Easterhouse-Gitarristen Ivor Perry – die Besetzung hielt ganze zwei Tage, dann warf auch Joyce hin.Es war also bereits zum Zeitpunkt der Veröffentlichung unmöglich, das Album unvoreingenommen zu hören: Dies hier war der Schwanengesang der Smiths – rückblickend ist die Platte vielleicht sogar der Schwanengesang des Indie-Spirits der Achtziger. Die düstere Wehmut im akustischen Schlussstück „I Won’t Share You“, das letzte, nun schon fast sepiahaft klingende Jangeln von „Stop Me If You Think You’ve Heard This One Before“, der gallige Text von „Paint A Vulgar Picture“ über die musikindustrielle Vermarktung eines toten Rockstars und der bloße Songtitel „I Started Something I Couldn’t Finish“: All das klang, als hätten die Musiker die Platte von vornherein als Abschiedswerk konzipiert.