picknickkorb-rock am niederrhein: Das Line-Up des HALDERNER OPEN AIR ist wohl nur schwer zu toppen
Die Belle & Sebastian-T-Shirts konnte man schon von weitem erkennen. Unter strengem Rede- und Hustverbot gastierten die idiosynkratischen Schotten um das Phantom Stuart Murdoch vor rund vier Jahren in einer Münchener Klitsche, um fortan nicht mehr gesehen zu werden. Nun endlich bot Haldern die Möglichkeit und dazu ein Line-Up, das im nächsten Jahr nur schwer zu übertreffen sein dürfte: Neben dem „Tinnitus-Verein Hennef Mitte“ und ein paar verirrten Kopfsockenträgern war auch der etwas stimmschwache Ian Brown zugegen, der seinen Aktionsradius auf der Bühne eindrucksvoll von Bierdeckelgröße auf einen ganzen Quadratmeter erweiterte. Die erwähnten Kopfsocken identifizierten Brown rasch als „der von Queens Of The Stone Age oder Stone Temple Pilots“ und kraulten sich etwas gelangweilt die Kinnbärtehen.
Gleich danach Supergrass, fast schon routiniert, aber mit dem gewohnten Schneid. Unter „Sun Hits The Sky“ und „Mary“ mischte man ein gutes Dutzend neuer Stücke, allesamt schmissig und clever wie „Grace“ oder „Brecon Beacons“. Bekanntlich nicht gerade als Partykönige, jedoch mit der bestmöglichen Vertonung von Langsamkeit beschlossen Savoy Grand die Nacht. Szenenapplaus bei jeder verzerrten Gitarre, zumindest fragte niemand mehr nach Sigur Ro’s. Danach noch Millionaire, die zuvor im Stau stecken geblieben waren.
Der zweite Tag brachte neben den zuweilen etwas geschmäcklerischen Belgiern Zita Swoon einen verrockten Auftritt von Gomez, bei dem unter anderen „We Haven’t Turned Around“ schmerzlich vermisst wurde. Dann tatsächlich Belle & Sebastian – einige dünne Mädchen machten ganz große Augen und zogen eine Schnute, denn Waldfee Isobel Campbell ist nicht mehr dabei.
Inclusive ihro Leibhaftigkeit Stuart Murdoch, der auf die Bühne schwebte, als sei ihm gerade die heilige Maria erschienen, zählt der Streichelzoo immer noch bis zu zwölf Personen. Dazu allerlei Notenblättchen, Trompeten, Violinen und Instrumente, von denen man gar nicht wusste, dass es sie überhaupt gibt Murdoch startete gleich mit „Sleep The Clock Around“ und „String Bean Jean“, Stevie Jackson gab Jonathan David“, die allerbeste Komposition des Glasgower Geheimzirkels. Man coverte Kraftwerk, erinnerte sich „Seymour Stein“ und anderer, so wohlbekannter Stücke, dass man das Vorurteil der sehr eigenwilligen Songauswahl gleich vergessen konnte.
Es folgten The Notwist mit einer sagenhaften, der glänzendsten Vorstellung des Samstages: Nichts war es mit Geplucker und Getröte, zur obligaten Handvoll J^eon Golden „-Stücke dachten sie an Altes („One Dark Love Poem“), und sehr Altes (,,Nothing Like You“), an rasantes Schrammein und Brachial-Gitarren. Irgendwo mittendrin das wohlige Sentiment von „bur Signs“ – nie wird man zweifeln an dieser Band. Schlussendlich die Doves: Viel Nebel, viele Lichtet, „Catch The Sun“ natürlich. Das schönste Bild am nächsten Morgen: Übernächtigte, kaum 20-jährige Indie-Fans stehen am Bahnhof im Kreis, trinken Dosenbier und aus dem zerkratzten Kassettenrecorder kommt Guided By bices. Das gibt es noch. Wirklich.