Phoebe Bridgers über Sinéad O’Connor: „Sie verkörperte, was es bedeutet, für etwas zu stehen“
Die Singer-Songwriterin würdigte Sinéad O'Connor für ihren Einfluss auf sich und die Welt.
Phoebe Bridgers war noch nicht geboren, als Sinéad O’Connor in 1992 bei einem SNL-Auftritt ein Bild von Papst Johannes Paul II. zerriss, um auf den Kindesmissbrauch in der katholischen Kirche aufmerksam zu machen. Über das Werk und Leben der Irin lernte die Singer-Songwriterin erst nach einigen Jahren. Nun drückte sie im Interview ihre Dankbarkeit für den Einfluss aus, den O’Connor auf die Welt hatte.
„Als Kind tat ich so, als wüsste ich, wovon sie spricht,“ teilt Bridgers mit dem Rolling Stone. „Aber dann warf ich einen tieferen Blick auf sie und das, wofür sie stand.“ Die Sängerin spricht konkret das Lied „Famine“ an, welches auf einer späteren Platte von O’Connor veröffentlicht wurde. Darin geht sie im Rap-Stil auf die Hungersnot ein, die den Iren durch Regulierungen von der britischen Regierung aufgezwungen wurde. „Als ich es zum ersten Mal hörte, dachte ich, „Wie lustig — Sinéad O’Connor rappt“. Aber das Lied ist sehr informativ und ich dachte, „Wow, ich habe viel gelernt, worüber ich nie etwas wusste.““
Bridgers führt weiter aus: „Viele Protestsongs, besonders nach Bob Dylan, sind so verdammt kitschig. Sie fühlen sich an, als wussten die Leute, dass sie einen Protestsong schreiben oder eine Gruppe besänftigen sollten, zu der sie gehören sollten. Aber Sinéad glaubte immer an die Dinge, an die sie tatsächlich glaubte, nicht die Dinge, die ihr von jemand anderem gesagt wurden, auch wenn es völlig subversiv war.“
2020 coverte die Indie-Künstlerin das Lied „Black Boys on Mopeds“ von Sinéad O’Connor für eine KEXP-Live-Session auf YouTube. Zum Teil handelt dieses Lied von dem Tod eines jungen schwarzen Mannes, der von der englischen Polizei beschuldigt wurde, einen Scooter geklaut zu haben. „Das besondere daran, sie zu covern ist, dass sie die schwierigsten Dinge, die man singen kann, einfach klingen lässt“, sagt die Sängerin dazu. „Ihr Gesangstil ist unvergleichlich.“
Zu ihrer Zeit wurde O’Connor für ihre Art und Weise stark kritisiert. Bridgers sieht sie heute als Inspiration, besonders für Frauen und Musiker. „Menschen und Medien waren nicht gut zu ihr. Sie wurde von so vielen Dingen ausgeschlossen und so viele Leute hielten sie für eine mürrische Person. Es ist missbräuchlich, einer Person zu sagen, sie soll den Mund halten und singen. Es ist missbräuchlich, angebetet und dann gehasst zu werden. Es ist eine so traurige und herzzerreissende Geschichte. Hinter jeder berühmten Frau sind unzählbare Vergewaltigungs- und Morddrohungen. Sie hat viel geopfert, für die Frauen und Musiker und Leute, die an Dinge glauben. Dafür wurde sie nicht belohnt.“
„Sie verkörperte, was es bedeutet, ein Musiker zu sein und für etwas zu stehen,“ schließt die Sängerin. „Vielleicht ist es das Internet, aber in der heutigen Zeit wird Leuten erzählt, woran sie glauben müssen und entweder tun sie das, oder nur das reine Minimum. So war sie nicht. Sie gab mir das Gefühl, dass ich für Dinge einstehen darf. Es ist immer noch schwer, aber ich bin so glücklich, in einer Umgebung zu sein, in der ich mich bestätigt fühle und meine Überzeugungen ernst genommen werden. Und diese Welt existiert aufgrund von Sinéads Opfer.“