Happy Birthday, Neil Tennant – Pet Shop Boys im Interview: „Wir waren schon immer sehr deutsch“

Pet-Shop-Boys-Sänger Neil Tennant wird 61. Aus dem Archiv von 2009: Benjamin von Stuckrad-Barre im munteren Plausch mit Neil Tennant und Chris Lowe.

Für aufregend gehaltene Bands waren in den letzten Jahren oft Gitarrenbands. Ihr habt ab „Release“ mit Gitarren Frieden geschlossen, oder? Früher habt ihr sie gehasst, die Gitarren.

TENNANT: Nein, gehasst haben wir…

Genauer: die Pose, die Rocker-Pose.

TENNANT: Ja, dagegen sind wir angetreten.

Auf dem neuen Album gibt es wieder Akustik-Gitarren.

TENNANT: Auf unserem allerersten Album gab es auch schon Gitarren.

Aber keine Mundharmonika.

TENNANT: Stimmt – die ist auf „Yes“ wohl erstmalig dabei.

Mundharmonika ist wirklich die klassische Singer/Songwriter-Waffe. Mundharmonika. Wow.

TENNANT: Blues.

Das Working-Class-Saxofon.

TENNANT: Johnny Marr kam damit an.

Ich dachte immer, zumindest Chris sei allergisch gegen solche Instrumente.

LOWE: Na, allergisch nicht direkt. Man muss sie halt sehr sparsam dosieren, dann geht das schon.

TENNANT: Wenn du es richtig anstellst, kann wirklich jedes Instrument hochmodern klingen.

Ist es ironisch? Ich meine: Mundharmonika? Hallo?

LOWE: Nein! Keinerlei Ironie auf diesem Album! Es ist ja kein Mundharmonika-Solo, das dir das Gefühl gibt, Stevie Wonder käme plötzlich hereinspaziert.

Der Albumtitel „Yes“ ist wundervoll. Sehr Pet Shop Boys-klassisch.

LOWE: Nicht ganz so gut wie „2 Pet Shop Boys“…

TENNANT: Komm, lass uns die Platte noch schnell umbenennen.

Auf keinen Fall, der Titel „Yes“ ist perfekt: bedeutet alles, bedeutet gar nix—riesig. Diese Ein-Wort-Hammer: Phase, Actually, Disco, Very, Nightlife, Fundamental… Welche anderen Begriffe waren für„Yes“im Rennen?

TENNANT: Müsste ich mal in meinem iPhone nachschauen, da hatte ich mir ein paar Varianten gespeichert. „Hybrid“ hatten wir, glaube ich, auch mal erwogen.

„Hybrid“? Geht so.

TENNANT: Nein, schrecklich. Fand ich kurz mal gut, haben wir aber zum Glück wieder verworfen.

Als Madonna mit „Music“ herauskam, habe ich mich kurz geärgert: Mist, DAS wäre ein Pet Shop Boys-Titel gewesen. Aber nur kurz. Nein, merkte ich bald, „Music“ ist doch zu hohl.

TENNANT: Ist zu allgemein, „Music“.

Knapp zwei Jahre später habt ihr den Titel „Music“ um Längen geschlagen: „Release“. Simpler, besser geht es nicht.

LOWE: Die Idee kam von Wolfgang Tillmans.

TENNANT: Ist wirklich ein guter Titel.

LOWE : Sehr clever, was?

Die Pet Shop Boys sind die Titel-Könige, immer schon gewesen. Ein Best-Of-Doppel- Album „Pop-Art“ zunennen, CD 1: „Pop“, CD 2: ,Art“ ~ schöner geht es ja nun wirklich nicht. Sind genug tolle Wörter übrig für kommende Alben? TENNANT: Das Wörterbuch ist voll damit. Man muss nur das richtige zur richtigen Zeit auswählen. Andererseits darf man sich auch nicht wiederholen – daher, leider, geht das doch nicht mit „Too Pet Shop Boys“. Es wäre wie ein lauer Aufguss von „Very“.

LOWE: Mit der Zahl 2 ginge es aber: „2 Pet Shop Boys“.

Haben Bono und Bob Geldof diese beiden Charity-Monster, euch eigentlich gefragt, ob ihr mitmacht beim Singen für Afrika?

TENNANT: Wir haben da mitgemacht! Die beiden hatten uns zwar nicht persönlich getragt, aber wir waren dabei, wir waren Headliner bei „Live 8 Moskau“. Als die Anfrage kam, habe ich zwar erst mal sehr weitschweifig ausgeführt, warum die Pet Shop Boys und die Idee von ,,Live Aid“ so überhaupt nicht zusammenpassen. Aber Chris sah die Sache ganz anders: „,Live 8′ in Moskau?We should totally fucking do it!“, schrie er. Also haben wir mitgemacht. War auch superlustig. Das Fantastische an „Live 8″ in Moskau war: Die russischen Top-gruppen haben nicht mitgemacht, weil man für den Auftritt kein Geld bekam. Und das Publikum wusste überhaupt nicht, was das Ganze soll.

LOWE: Sie hatten von „Live Aid“ noch nie etwas gehört.

TENNANT: Es herrschte eine leichte Verwirrung, aber dann einigte man sich auf die Sichtweise: Was soll’s – ein Gratis-Konzert. Und der Kreml ist eine tolle Kulisse.

Am 19. Februar bekommt ihr einen Brit  Award für „ outstanding…“ – was noch mal?

TENNANT: Contribution. „Outstanding Contribution.“

Lebenswerk ist ja eine ambivalente Ehrung: Dürft ihr da ein neues Liedspielen, oder wollen die ein Medley mit „It’s A Sin“ von euch?

TENNANT: Natürlich wollen sie ein Medley mit „It’s A Sin“. Aber wir mischen auch zwei neue Lieder da rein, es wird ein neuneinhalbminütiges Medley.

Welche Geschichte würde der einstige „Smash Hits“-Redakteur Neil Tennant im Jahr 2009 anlässlich der Veröffentlichung von „Yes“ über die Pet Shop Boys bringen?

TENNANT: Was mit den Pet Shop Boys immer geht: ihnen lustige Fragen stellen – denn man kriegt verlässlich lustige Antworten von ihnen. Zeitreise ginge auch, bisschen zurückblicken, gäbe eine schöne Serie her. Oder man könnte die schrecklichsten Fotos von uns abbilden und blöde Witze darüber machen. Gibt ’ne Menge Möglichkeiten. Am schönsten wäre es aber…

Vielleicht echt über die Musik reden? Über die neue Platte am Ende gar?

TENNANT: Ja, das neue Album…

Als ROLLING STONE-Mitarbeiter würde ich auf jeden Fall reinschreiben: Ist super. die neue Pet Shop Boys-Platte.

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