„Per Anhalter durch die Galaxis“ galt einer ganzen Generation als unverzichtbar. Zum 25-jährigen Jubiläum wird Douglas Adams nun ein Denkmal gesetzt
Douglas Adams hat irgendwann einmal zu Pete Townshend gesagt, jedenfalls erzählt er es so später einem Interviewer: „O Gott, ich hoffe, mich behält man nicht nur als den Typen in Erinnerung, der ‚Per Anhalter durch die Galaxis‘ geschrieben hat.“ Townshend habe ihn daraufhin ausgeschimpft dafür. Er solle besser dankbar sein, so einen Erfolg vorweisen zu können; die viele andere Bücher und Projekte wären sonst wohl kaum oder doch nicht so einfach zu verwirklichen gewesen. Etwa seine CD-Rom „Raumschiff Titanic“, seine „Dirk Gently“-Krimiparodien und nicht zuletzt sein Lieblingsbuch ,,Die Letzten ihrer Art“, eine Melange aus Reisereportage und populärwissenschaftlichem Essay über fast ausgestorbene Tierarten. Und Adams sah das ein, weil er es im Grunde schon vorher wusste.
Natürlich ist er zuallererst der Mann, der den „Anhalter“ geschrieben hat – und danach kommt für eine Weile nichts. Wer in der Achtzigern mal auf einem Schulhof gestanden hat oder in der Mensa einer technischen Universität saß, umzingelt von E-Technikern, Maschbauern, Informatikern, der wird das bestätigen können. Weil diese Trilogie (in fünf Büchern!) Spuren hinterlassen hat im kollektiven Gedächtnis junger Menschen: Eddie, der sich um Kopf und Kragen sabbelnde Bord-Computer, der pangalaktische Donnergurgler, der Babelfisch, der melancholische Roboter Marvin – und dass die Antwort auf die Frage nach dem Leben, dem Universum und dem ganzen Rest bekanntermaßen 42 lautet – das alles sind popkulturelle Schibboleths, die in gewissen Kreisen vermutlich immer noch funktionieren, spätestens dann aber wieder reaktiviert werden, wenn doch noch mal die Disney-Verfilmung in die Kinos kommen sollte, an der Adams bis zu seinem plötzlichen Tod 2001 gearbeitet hat Eine neuerliche Lektüre der Romane könnte sich ebenfalls lohnen, des ersten zumal. Wer das alles doch noch zu genau kennt und sich auch für die Hintergründe interessiert, etwa für die medialen Transformationen von den ursprünglichen Radio-Folgen zu den Büchern, zur BBC-Fernsehserie, zu den Schallplatten, erfahrt einiges in der soeben in erweiterter Fassung erschienenen, spannenden und überdies angenehm O-Ton-reichen Biografie von Neil Gaiman, „Keine Panik!“ (Rogner &. Bernhard bei 2001,14,90 Euro). Und wer einfach von Adams nicht genug bekommen kann, für den bringt der Heyne Verlag jetzt mit „Lachs im Zweifel. Zum letzten Mal per Anhalter durch die Galaxis“ (22 Euro) einen Nachlassband heraus, ein „Best of“ seiner Festplatte sozusagen, ein Konvolut aus Interviews, Bonmots, Vorworten, Vorträgen, Reportagen und einem letzten Romanfragment, das allein den Untertitel rechtfertigt. Denn diese anfangs als „Dirk Gendy“-Sequel geplante Geschichte hatte er nach gut hundert Druckseiten abgebrochen, weil sie nicht zu funktionieren schien; kurz vor seinem Tod kam ihm dann jedoch die Idee – und er äußert sie in mehreren Interviews -, dass man große Teile des Manuskripts retten könnte, indem man sie einfach in einen „Anhalter“-Kontext stellt Und wenn man das exponierende Fax liest, das er seiner Londoner Lektorin geschickt hat und das hier an den Anfang gesetzt wird, kann man sich das sogar vorstellen, so sehr riecht der Stoff nach Science-Fiction-Groteske: „Seine Nachforschungen fuhren ihn nach L.A“ durch die Nasenschleimhäute eines Nashorns in eine ferne Zukunft, die von Immobilienmaklern und schwer bewaffneten Känguruhs beherrscht wird. Witze, leicht pochierter Fisch und die gefährlichen Eigenheiten komplexer Systeme bilden den Hintergrund zu Dirk Gentlys rätselhaftestem und unbegreiflichstem Fall.“
Die meisten hier versammelten Szenen hätte er dann aber doch wohl nicht gebrauchen können, weil sie einfach typischer „Dirk Gently“ sind, also einmal mehr ein recht abstruses Crossover von Private-Eye-Parodie, Fantasy-Persiflage und philosophischer Meditation darüber, was diese Welt im Innersten zusammenhält. Und man versteht eigentlich nicht so recht, warum er nicht weitergekommen ist damit, das alles liest sich nämlich bis dahin ganz gut: „Dirk hockte sich mit drei Stücken kalter Pizza und einer Dose Bier vor den Fernseher, schaltete auch noch das Radio ein und legte eine ZZ-Tbp-CD auf. Er musste nachdenken.“
Die übrigen Texte des Buches sind nicht alle so witzig, können dies funktions- und kontextbedingt auch gar nicht immer sein, obwohl Adams schon ein paar ganz hübsche Feuilletons abliefert, durchaus unterhaltsame Vorträge schreibt und im Gespräch ein wirklich amüsanter Causeur ist. Man liest jedoch auch die weniger Funken sprühenden Gelegenheitsarbeiten mit Interesse, weil sich hier einiges erfahren lässt über den Autor selbst: etwa über seine ans Fanatische grenzende Vorliebe für Apple-Computer, wobei seine Erfahrungsberichte für die Zeitschrift „MacUser“ wohl verzichtbar gewesen wären; über seinen vehementen Atheismus und – komplementär dazu – über seine Leidenschaft für die Naturwissenschaft, vor allem für Zoologie und Phylogenese, die dann wohl tatsächlich so etwas wie eine Ersatzreligion für ihn wurde.
Adams hat sich eher selten über Literatur ausgelassen. Wenn er’s tut, wird es interessant, weil dann auch seine eigenes Schriftstellerprofil mit auf dem Spiel steht, etwa in der ebenso ehrfürchtigen wie empathischen Eloge auf P. G. Wodehouse. Darin rettet er Wodehouse als Archetyp des witzigen Autors vor dem literaturkritischem Ernstlertum. Er müsse „gar nicht ernsthaft sein“, schimpft Adams, weil er weit darüber stehe: „Er wohnt in der Stratosphäre dessen, wozu menschlicher Geist imstande ist, hoch über Tragödien und angestrengten Grübeleien, wo man auch Bach, Mozart, Einstein, Feynman und Louis Armstrong finden wird, im Reich reinen schöpferischen Übermuts.“
Und vielleicht hat er das gemeint, als er sich Townshend gegenüber etwas verdrießlich zeigte, vielleicht hat er sich – abgesehen von vielen Lesern – auch heimlich gewünscht, dass ihm mal ein Kollege den Lorbeerkranz flicht. Auch das ist in diesem Band geschehen: Stephen Fry hat es mit anrührender Sorgfalt getan.