Pearl Jam: die wichtigsten Alben im Ranking

Ein Überblick über die amerikanische Institution Pearl Jam

Essenziell

Ten (1991)

„Irgendwas stimmt hier nicht!“, sagt die Mutter zum Sohn. „Ich hab’s: Du lebst noch!“ „Alive“ hieß die Single, die die Grunge-Generation, im Vergleich zur Punk-Bewegung eher passiv-aggressiv bis hilflos leidend, im Herzen berührte. Beim Albumdebüt war Eddie Vedder bereits 27 Jahre alt, aber er hatte noch alle Teenager-Themen parat: Zwangseinweisung in die Psychiatrie durch die Eltern („Why Go“), Suizid vor versammelter Klasse („Jeremy“). „Ten“erschien rund einen Monat vor „Nevermind“; nach Nirvana galten Pearl Jam als solide Nummer 2. Über deren Pathos machte Kurt Cobain sich lustig, aber Vedder hatte andere Idole als die meisten Seattle-Kollegen: Led Zeppelin, The Who. Zweifels ohne sollte „Ten“ Stadionrock sein, da konnten noch so viele später veröffentlichte Alben-Remixes versuchen, den Sound aufzurauen. Vielleicht darf man es sogar Hardrock nennen, und zwar neuartigen Hardrock: weil der sich erstmals an Verlierer statt an Gewinner richtete.

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Vitalogy (1994)

Das „Weiße Album“ von Pearl Jam, das der Experimente von Individualisten. Aus den „Piggies“ von George Harrison wurden Vedders „Bugs“, begleitet vom Schifferklavier. „Aye Davanita“ ist ein durch den Sampler gejagtes Mantra, „Stupid Mop“ ihr Collagen-Versuch der „Revolution 9“. Und doch war Platz für Rock-Songs, viele wurden zu Klassikern. „Corduroy“ natürlich, aber auch das brutal aufgedrehte „Spin The Black Circle“, das in Wirklichkeit eine Liebeserklärung an den Tonträger Vinyl ist. „Better Man“, über Gewalt in der Ehe, datiert auf Vedders Zeit vor Pearl Jam, eine Hymne, die auch dem Debüt, „Ten“, gut gestanden hätte.

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No Code (1996)

Vedder suchte sein Heil im Geisterhaften, in Spoken-Word-Vortrag („He’s alive but feels absolutely nothing/ So is he?“) und „Braveheart“-artigem Folk: „Who You Are“, das die Frage nach Identität stellt. Das Mystische stand im Gegensatz zur Down-to-Earth-Haltung des Grunge, in dem irdisches Leiden Sichtweisen beeinflusst: wie man Geldnot, Süchte und Vernachlässigung durch die Eltern verarbeitet. Mit dem neuen Schlagzeuger Jack Irons holten sie sich nicht nur einen Diplomaten ins Studio, der die Streithähne zusammenbrachte. Sein stoisches Spiel entschleunigte Pearl Jam auch, machte sie gleichzeitig härter. Kurz: ein übersinnliches, gleichzeitiges dampfwalziges, ihr bestes Album.

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Binaural (2000)

„Light Years“ war der Ohrwurm, aber Pearl Jam entschieden sich für das Hymnen verspottende, desillusionierte „Nothing As It Seems“ als Vorabsingle – vielleicht weil Mike McCready der Welt darin gleich drei gloriose David-Gilmour-Gitarrensoli vorstellen konnte. „Binaural“mit dem bis heute angestellten Drummer, Soundgarden-Mann Matt Cameron, läutete jedenfalls ihren vor läufigen Abstieg aus der Superstar-Liga des Rock ein – ungerechtfertigterweise. Die Themen stimmten, wenngleich sie erstmals verklausuliert waren: „Insignificance“ erschloss sich als Antikriegslied, „Grievance“ griff , schon im Jahr 2000, die Sucht des Menschen nach dem Internet auf. In „Soon Forget“ stellte Vedder erstmals sein Lieblingsinstrument vor: die Ukulele. Die 2000er-Tour markierte auch den Beginn der „Official Bootleg“-Veröffentlichungen auf CD.

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Lohnend

Vs. (1993)

Der Erfolg von „Ten“ ermöglichte den Rekord des schnellst meistverkauften Albums in Amerika (350.000 in 24 Stunden). Wie mutig Pearl Jam waren: Es gab keine MTV-Videos mehr, die Songs wurden brüchiger, kürzer, zischender, wie Peitschenhiebe. „Animal“ ist gebellter Abscheu vor Nähe, „Go“ eine Absage an alle, die nicht zum engsten Kreis gehören. Das Anti-NRA-Lied „Glorified G“ ist am wichtigsten: „Got a gun. ’fact, I got two. That’s okay, man, ’cause I love God.“

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Yield (1998)

Geburtsstunde des inflationären Prädikats „Bestes Album seit ‚Ten‘“. Das war es nicht. Es galt jedoch als Versöhnungsangebot. „Given To Fly“ erzählte von Jesus, aber auch von Vedderscher Aufopferung ganz ohne Anklage. Eine neue Art für den 34-Jährigen, mit Druck umzugehen. „Do The Evolution“ erschien als Freisetzung großer Energien, ein Rundumschlag gegen Kriegstreiber und Herren der Schöpfung, versetzt mit geisterhaftem „Hallelujah“-Chor. Vielleicht ihr letztes zynisches Lied. Das Zeitalter der Grunge-Bands war 1998 sowieso vorbei. Die meistbeachtete Platte jenes Jahres war „Mechanical Animals“ und stammte vom Clown Marilyn Manson. 2014 führten Pearl Jam „Yield“ erstmals in voller Länge live auf. Das Werk hat anscheinend lange in ihnen rumort.

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Live at Leeds (2006)

„Just take care of one another, please!“, bittet Vedder, noch bevor der erste Ton gespielt ist. Sechs Jahre nach der Katastrophe von Roskilde, bei der neun Zuschauer während des Auftritt von Pearl Jam im Ge-dränge starben, trat die Band wieder bei einem Festival auf. In einer Art Konfrontationstherapie gehen sie mit dem aggressiven Doppelschlag „Go“/„Animal“ sogleich volles Pogo-Risiko ein. Ein atemberaubender Mitschnitt der Angst, aber auch der Zuversicht – und nach dem von The Who das zweite große „Leeds“-Live-Album der Geschichte.

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Ergänzend

Riot Act (2002)

Die Roskilde-Katastrophe führte zu Sinnfragen („Love Boat Captain“), die Kritik am US-Präsidenten George Dubya aber auch zu eher kindischem als zu dadaistischem Spott („Bu$hleaguer“). Vedder trug einen Iro und rettete sich in die Zeit vor dem Kolonialismus, hin zu indianischen Gesängen („Arc“).

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Lost Dogs (2003)

Pearl Jam sind eine Band, die nahezu jeden ihrer Songs mehr als einmal aufgeführt hat. Dies ist eine Sammlung der B-Seiten und Outtakes, die man live gehört hatte, aber vielleicht nicht zuordnen konnte. Darunter das traditionelle, leidige Konzert-Schlusslied „Yellow Ledbetter“, nach dem noch nie jemand gerufen hat.

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Ungut

Lighting Bolt (2013)

„Sirens“ bewegt sich zwar nicht ganz auf Nickelback-Niveau, „Future Days“ ist noch kein Springsteen zu „Lucky Town“-Zeit. Aber zu viel Lagerfeuer und Nostalgie, vor allem der kompressionsartige Klang stehen Pearl Jam auch nicht. Die erste Single hieß „Mind Your Manners“ – „Achte auf deine Manieren!“ Was ist das denn für ein Titel? Großvadder Vedder?

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Film / Buch

„Pearl Jam: Twenty“

Film, Album und Oral History im Fotoband zum 20. Jubiläum, entstanden in Zusammenarbeit mit vielen Wegbegleitern, darunter Regisseur und Freund Cameron Crowe. Also keine neutrale Betrachtung, dennoch eine präzise Schilderung der Höhepunkte und Tiefschläge, wie der Niederlage der Band im Gerichtsstreit mit dem Konzertkarten-Anbieter Ticketmaster.

Preziosen

Raritäten und Obskuritäten

Hunger Strike

Temple Of The Dog, was für eine Besetzung: Gossard, McCready, Ament, Cameron! Und Cornell singt gemeinsam mit Vedder.

Breath

Im „Singles“-Soundtrack war „State Of Love And Trust“ der Hit. „Breath“ wurde seltener aufgeführt, ist das Juwel, das Setlist-Statistiker ersehnen. 2007 in Düsseldorf gab es bei-de Stücke nacheinander.

Against The 70’s

„Kids heute sollten sich von den Siebzigern abgrenzen“: Mutiges Statement im Song von Vedder und Mike Watt. Wir dachten: Die Bands der Neunziger flüchten gar in die Musik der Siebziger, weil die Achtziger so schlimm waren.

The Face Of Love

„Dead Man Walking“ behandelt die Todesstrafe. Aber, Entschuldigung, man dachte ständig an diesen Gesang im Vorspann: Wer war Nusrat Fateh Ali Khan, wie kam er zu Vedder, und warum klang das so wunderschön?

Mirrorball

Neil Youngs Album von 1995, mit Pearl Jam aufgenommen, namentlich nicht gekennzeichnet – sie standen woanders unter Vertrag. Vedder singt bei „Peace And Love“.

Merkinball

Eine EP mit Neil Young. Der spielt bei „I Got Id“ ein Gitarrensolo, beeindruckend wie der Grand Canyon, bei „Long Road“ sein Harmonium. Peak Pearl Jam.

Love, Reign O’er Me

2007 veröffentlichten sie ein Lied ihrer Idole: Das Who-Cover erschien auf dem Soundrack des Adam-Sandler-Vehikels „Reign Over Me“.

Last Kiss

Das 1961er-Original von Wayne Cochran floppte, Pearl Jam gelangten damit 1999 auf Platz 2 der „Billboard“-Charts. Ihr größter Hit – ein Cover!

Man Of The Hour

Tim Burtons „Big Fish“ erzählte die Geschichte eines, je nach Sicht, großen Betrügers oder großen Träumers. Diese Hommage an den „Mann der Stunde“ rührt zu Tränen.

Alpine Valley (Official Bootleg)

Konzert zum 20-jährigen Band-Jubiläum, 2011 im Music Theatre in East Troy. Chris Cornell kam für vier Songs von Temple Of The Dog auf die Bühne.

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