PAUL WELLER

Eben war man noch im Begriff, den zweiten Plastikbecher mit Bier zu ordern, da steht urplötzlich die komplette Gruppe auf der Bühne und schwingt sich in „Changing Man“ wie ein fetter Trucker auf seinen Bock: Luftverdrängung pur. Weller ist wieder da, der ewige Wechselbalg. Es ist fast genau ein Jahr her, seit er eben diese Halle heimsuchte, damals mit „Stanley Road“, dem Album, das ihm in seiner Heimat neben nicht unerheblichen Chart-Notierungen den Ehrentitel „Vater des Britpop“ einbrachte.

Pumpend und stampfend machen die vier Musiker auf der Bühne schon im ersten Song klar, woher der Wind weht: „Heavy Soul“ ist angesagt, und das ist nicht ausschließlich metaphorisch gemeint Steve White als Bo Diddley-verliebter Motor an den Drums, Yolanda Charles als graziöse Taktgeberin am Baß und ein vollbärtiger Matt Deighton als kongenialer Steve-Craddock-Ersatz – mit dieser Besetzung konnte eigentlich nicht viel schiefgehen. Und es ging auch nichts schief. Weller – zuckend, sich überbordend im Schlabberhemd über seine Gitarre hermachend – schien zuweilen versunken in Nostalgie, wähnte sich zurückversetzt in die frühen Siebziger und hätte sich wohl am liebsten komplett durch „Ogden ’s Nut GoneFlake“gespielt, wenn’s nicht sein eigenes Konzert gewesen wäre. Doch nicht nur die Small Faces standen Pate, während Weller sich durch ein temporeiches Stew aus den drei Alben „Wild Wood“, „Stanley Road“ und „Heavy Soul“ arbeitete. Auch The Who und Humble Pie, genauso wie Cream und sogar Neil Young, schwebten so manchmal durch den Saal, der von psychedelischen Motiven illuminiert wurde.

So guckte erneut in die Röhre, wer sich von einem Paul-Weller-Konzert der Neuzeit eine Greatest-Hits-Show seliger Jam- oder Style Council-Phasen erwartete: Der Mod ist längst Mucker geworden. Wo früher weiße Hemden dezent am Körper kleben durften, bricht nun der ehrliche Schweiß hervor. Jegliche Neuerungen sind dem einstigen Neuerer ein Greuel geworden.

Britpop? Oh bitte! Wenn schon zitieren, dann aber auch richtig, und ohne unnötigen Ballast durch zeitgeistliche Stilmittel.

Gelächelt hat er diesmal wieder nicht. Ist halt ernst, das Leben.

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