Paul McCartney: Alle Alben im Ranking

Zum Geburtstag von Paul McCartney stellt ROLLING STONE-Redakteur Maik Brüggemeyer sein ganz persönliches Ranking aller Post-Beatles-Alben vor

10. Wings: „Venus and Mars“ (1975)

Durch den Erfolg des Ende 1973 erschienenen „Band On The Run“ waren die Wings mit einem Mal eine der größten Bands der Siebziger. 1975/76 sollte eine Welttournee folgen. Das in New Orleans aufgenommene „Venus And Mars“ ist quasi die Ouvertüre dazu. Liefert die für eine Stadiontour nötigen Rockstücke – das euphorische „Rock Show“ (mit Allen Toussaint am Klavier!) und das laszive „Letting Go“ –, gibt den anderen Bandmitgliedern ihr Spotlight (Denny Laine singt „Spirit Of Ancient Egypt“, der junge neue Gitarrist Jimmy McCullouch darf sein mit Colin Allen geschriebenes „Medicine Jar“ singen), und „Listen To What The Man Said“ ist pure McCartney-Pop-Magie. Dazwischen ist Platz für eine McCartney zu stimmlichen Höchstleistungen treibende schwüle Soul-Ballade mit beatlesken Harmonien, Harrisonesker Gitarre und New-Orleans-Bläsern („Call Me Back Again“), drei exquisite Balladen (das zweigeteilte Titelstück, „Love In Song“, „Treat Her Gently“), ein Music-Hall-Stück, das an den „White Album“-Track „Honey Pie“ erinnert („You Gave Me The Answer“) und ein bisschen Exzentrik: das grandiose, vermutlich Queen-inspirierte Stück über Marvel-Helden („Magneto And Titanium Man“) und eine Interpretation der Titelmelodie der bei Senioren beliebten britischen Fernsehserie „Crossroads“, denn McCartney feierte kurz nach Erscheinen des Albums seinen 33 Geburtstag – uralt für einen Rockstar. Ursprünglich wollte John Lennon die Wings im Januar 1975 bei den Aufnahmen in New Orleans besuchen, um vielleicht mit McCartney wieder an neuen Songs zu arbeiten. Doch statt der Lennon-McCartney-Reunion kam Lennon Ende 1974 wieder mit Yoko Ono zusammen. Dem letzten geplanten Treffen der beiden im Dezember 1974 in New York City, bei dem die Beatles ihre geschäftlichen Beziehungen durch Unterschrift endlich auflösen sollten, war Lennon mit der Begründung fern geblieben, sein Astrologe habe ihm abgeraten und hatte stattdessen einen Luftballon geschickt, auf dem „Listen to this baloon“ draufstand . Der – wie McCartney und Starr – extra angereiste Harrison hatte ihm danach mehr oder weniger die Freundschaft gekündigt, McCartney schickte auf „Venus And Mars“ eine Friedenstaube, sang im Titelsong: „A good friend of mine, follows the stars/ Venus and Mars are alright tonight.“

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9. The Fireman „Rushes“ (1998)

Das zweite Album mit dem Produzenten und Ex-Killing-Joke-Bassisten Martin Glover alias Youth unter dem Pseudonym The Fireman entstand im Februar 1998 und ist so eine Art Requiem zu Lebzeiten für Linda McCartney, die zwei Monate nach den Aufnahmen an ihrer Krebserkrankung sterben würde und auf „Rushes“ sehr präsent ist, Perkussion spielt und singt. Diese allesamt in Moll gehaltenen Ambient-Tracks erzählen vom Fluss des Lebens und der vergehenden Zeit, führen uns durch Klangräume, in denen indische Musik spielt, Pferde traben, Sphären klingen, Wellen rauschen, eine Frau zum Orgasmus kommt. An einer der wenigen Stellen, an denen man McCartneys Stimme hört, singt er „Let me love me always.“ Sein melancholischstes, intimstes Album.

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8. Paul McCartney & Wings: „Red Rose Speedway“ (1973)

Seinerzeit von der Kritik verschmäht, dokumentiert das ursprünglich als Doppelalbum geplante „Red Rose Speedway“ den Übergang von der Country-Life-Romantik und exzentrischen Spielerei in den Mainstream. Das Eröffnungsstück, „Big Barn Bed“, war bereits am Ende von „Ram“ zu hören, auch das äußerst hübsche Kinderlied „Little Lamb Dragonfly“ stammt aus den Sessions zu seinem zweiten Post-Beatles-Album. „One More Kiss“, „Single Pigeon“ und „When The Night“ sind kleine Pop-Preziosen, „My Love“ ist die große Zuckerbäckerballade, die ihn zurück in die Singles-Top-Ten bringen sollte (was auch gelang – in den USA schaffte es der Song gar auf Platz 1) und den besten Song des Albums, „Power Cut“, versteckte McCartney am Ende des abschließenden Medleys.

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7. „McCartney“ (1970)

Das erste Soloalbum (wenn man den Soundtrack zu „The Family Way“ von 1967, der ja tatsächlich eher George Martins Werk war, nicht mitzählt). Und das in aller Konsequenz. Denn McCartney produzierte es (fast) ohne fremde Hilfe großenteils zu Hause mit einer Studer-Vierspur-Bandmaschine. „McCartney“ enthält Skizzen, Experimente, Solojams und einige Songs, die er bereits mit den Beatles ausprobiert hatte wie das liebliche „Junk“ und die Jugend-Reminiszenz „Teddy Boy“. „Maybe I’m Amazed“ allerdings, ein Lied, das es mit seinen großen Beatles-Klavierballaden, „Let It Be“ und „The Long And Winding Road“, locker aufnehmen kann, emotional aber nackter und direkter ist, versteckte er vor seinen Noch-Kollegen und nahm es – ebenso wie einen anderen Höhepunkt der Platte: „Every Night“ – professionell in den EMI-Studios an der Abbey Road auf. „McCartney“ ist Lo-Fi-Pioniertat und Unabhängigkeitserklärung und steht absichtlich quer zum Image des gefälligen Entertainers und Perfektionisten McCartney.

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