Paul McCartney: Alle Alben im Ranking

Zum Geburtstag von Paul McCartney stellt ROLLING STONE-Redakteur Maik Brüggemeyer sein ganz persönliches Ranking aller Post-Beatles-Alben vor

13. „Run Devil Run“ (1999)

McCartneys Katharsis nach dem Tod seiner Frau Linda ist nicht etwa eine Platte mit sentimentalen Balladen, sondern ein lupenreines Rock’n’Roll-Album mit Coverversionen einiger ihrer Lieblingssongs von Gene Vincent, Chuck Berry, Elvis Presley, Carl Perkins, Sam Cooke und Big Joe Turner und drei sehr frischer neuer McCartney-Originale, die eine ähnlich raue Energie haben wie die klassischen Stücke. Begleitet wird McCartney von Freunden wie Pink Floyds David Gilmour, Deep Purples Ian Paice, Fairport Conventions David Mattacks und (wie schon auf seiner ersten Rock’n’Roll-Platte „Снова в СССР“ von 1988) dem genialischen Pirates-Gitarristen Mick Green. Eine berührende und zugleich mitreissende Hommage an die beiden großen Lieben seines Lebens: Linda und den Rock’n’Roll.

Ranking Paul McCartney Alben

12. Wings: „Back to the Egg“ (1979)

Disco und New Wave beeinflussten dieses nach dem Softrock des Vorgängers „London Town“ etwas muskulösere Album, auf dem die Wings sich wieder mal in einer neuen Besetzung präsentierten: Der Gitarrist Jimmy McCulloch und der Schlagzeuger Joe English hatten die Band verlassen, und Laurence Juber und Steve Holley gaben dem Album einen direkteren und schlankeren Sound, den McCartney aber mit zwei aufgeblasenen Tracks seiner All-Star-Band Rockestras (fünf Gitarristen, drei Schlagzeuger, vier Perkussionisten und vier Bassisten) mit David Gilmour, Pete Townshend, Hank Marvin, John Paul Jones, Ronnie Laine, Bruce Thomas u.v.a. torpedierte. Auch Denny Laines altbackenes „Again And Again And Again“ hemmt die Wirkung dieses ansonsten äußerst inspirierten und neuen Albums, auf dem sich mit „Getting Closer“, „Arrow Through Me“, „To You“ und der nostalgischen Ballade „Baby’s Request“ einige große vergessene McCartney-Songs befinden. Ihren größten Auftritt hatte diese unterschätzte Wings-Besetzung allerdings auf der grandiosen Non-Album-Single „Goodnight Tonight“ (mit der genialischen B-Seite „Daytime Nighttime Suffering“).

11. „Flaming Pie“ (1997)

Die Aufnahmen zu „Flaming Pie“ begannen bereits 1992, als der Vorgänger, „Off The Ground“ (1992), noch gar nicht erschienen war, und endeten im Februar 1997. Es war eine intensive Zeit, in der McCartney nicht nur für die in dieser Zeit entstandene „Anthology“ in das Erbe der Beatles eintauchte, sondern auch von einigen Schicksalsschlägen getroffen wurde: Bei seiner Frau Linda wurde Brustkrebs diagnostiziert, und die Familienfreundin Maureen Starkey (Ringos erste Frau) starb an Leukämie. Die Lieder, die McCartney in dieser Zeit schrieb, sind von Melancholie und Erinnerungen an die unbeschwerte Vergangenheit geprägt. „Flaming Pie“ ist von einer Wärme und Intimität, wie McCartney sie seit dem ersten Wings-Album, „Wild Life“ (1971), nicht mehr zugelassen hat. An der Produktion wirkten fast nur enge Freunde mit, Beatles-Tontechniker Geoff Emerick etwa, George Martin, der mit „Someday“ und „Calico Skies“ zwei der besten Songs produzierte, die McCartney je schrieb, und der zum erstgenannten wie in alten Zeiten auch das Streicherarrangement komponierte. Steve Miller revanchierte sich für McCartneys Mitwirkung an „Brave New World“ (1969) fast drei Jahrzehnte später mit Gastauftritten auf der süffigen ersten Single, „Young Boy“, dem staubigen Roadtrip „If You Wanna“ und dem etwas müden Jam „Used To Be Bad“. Ringo Starr sang und trommelte beim spaßigeren Spontantrack „Really Love You“ und einer von George Martin orchestral aufgedonnerten Version des 80er-Jahre-Outtakes „Beautiful Night“. Jeff Lynne durfte auf einigen Tracks ganz leicht seinen ELO-Zauber versprühen, McCartneys Sohn, James, spielte eine etwas schrille Gitarre zum sonst so smoothen „Heaven On A Sunday“. Linda sang ein letztes Mal Harmonie; sie starb im April 1998. Wenn McCartney jemals ein klassisches Soloalbum aufgenommen hat, also eines, das nicht nach zeitgenössischen Sounds schielt, sondern sich ganz auf seine melodischen Stärken als Songwriter und Musiker besinnt, ist es wohl „Flaming Pie“. Dieses eine Mal musste er der Welt und sich nichts beweisen.

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