Party mit Höhepunkten
Ex-Musiker der Düsterkapelle Love Life entdecken mit ihrer neuen Band Celebration schwarze Sounds
Eine zusammengeschlagene Möwe auf einer Mamortreppenstufe, eine Nutte an der Ecke, die auf den Zug wartet, ein Betrunkener, der im Regen auf dem Bordstein schläft Bilder einer sterbenden Stadt, zusammengetragen von Randy Newman in seinem Song „Baltimore“. „Ein verrücktes Lied. So deprimierend. Aber genau so ist es in Baltimore. Eine dunkle Stadt, in der man nach den schönen Dingen etwas suchen muß“, erklärt Katrina Ford, die frühere Sängerin der adäquat düsteren Band Love Life aus Baltimore. „Meine Lieblingsversion dieses Songs stammt von Nina Simone, das ist so eine Art Funk-Reggae“, fährt Katrina fort und liefert damit schon Stichworte, um über ihre neue Band Celebration, die eigentlich ihre alte ist, nur Love Life-Bassist Malat ist bei Celebration nicht dabei, zu reden: blackmusic.
Die scheint nämlich einen gehörigen Eindruck auf die Musiker von Celebration schon der Bandname klingt ja eigentlich nach einer 70s Funk-Band – gemacht zu haben. Das geht nicht soweit, daß man die Songs auf ihrem ersten Album „Celebration“ (VÖ 27.1.) als schwarz identifizieren würde, aber Rhythmen, repetitive Strukturen und Lyrics deuten zumindest in diese Richtung – der fast völlige Verzicht auf Gitarren zugunsten eines zackigen Orgelsounds führt zusätzlich aus dem Indie-Schrammel-Ghetto.
„Love Life waren halt sehr dunkel und musikalisch wie auch emotional gebremst. Es ging darum, eine Spannung aufrecht zu erhalten und nie zu lösen. Celebration scheint nun alles zu haben, was damals fehlte. Wir erlauben uns, die Anspannung zu lösen und zum Höhepunkt zu kommen“, lacht Ford. „Wir hören viel schwarze Musik – viel Afrikanisches und alte Bluesmusiker und kaum noch zeitgenössische weiße amerikanische Sachen. Blackmusic beeinflußt uns zur Zeit mehr, als die neuesten heißen Bands aus Brooklyn“, erklärt Ford, die im letzten Jahr bei eben so einer heißen Band aus Brooklyn mitsang. Nämlich beim großartigen „Staring At The Sun“ von TV On The Radio, deren David Sitek auch das Celebration-Album produziert hat, und den Ford als secret extra Member ihrer Band bezeichnet.
“ David kommt auch aus der Nähe von Baltimore und hat schon das letzte Love Life-Album produziert. Ich würde auch glaube ich – mit keinem anderen Produzenten arbeiten wollen. Und seine Band TV On The Radio ist natürlich nicht irgendeine Band aus Brooklyn. Das ist was wirklich Neues. Da bin ich schon stolz, dabei sein zu dürfen.“
Das beruht vermutlich auf Gegenseitigkeit, denn Ford ist für den hohen Wiederkennungswert des TV On The Radiosignature-tunes verantwortlich, man meint nämlich, da sänge PJ Harveys Bruder. „Stimmt“, lacht sie, „ich wollte schon immer wie ein Mann klingen. Ich war ein kleines zerbrechliches Mädchen in der High School und fühlte mich ziemlich machtlos. Und mit einer dunklen, kräftigen Stimme wollte ich das kompensieren. Später habe ich dann versucht, wieder einen eher femininen Sound hinzubekommen und mit der Idee männlicher und weiblicher Energien ein bißchen zu spielen.“ Auch dieses Spiel mit den Geschlechteridentitäten verbindet sie mit den interessanteren Bands aus Brooklyn.