„Orange Is The New Black“: Knast-Koller – Die große ROLLING-STONE-Reportage
Zu alt, zu schwarz, zu lesbisch oder zu gewichtig für Hollywood: Mit der Netflix-Serie "Orange Is The New Black" haben starke Frauen eine Revolution des Fernsehens angezettelt. Von Mac McClelland
Diese Frauen sind definitiv keine Arschlöcher
Was immer auch im Einzelnen die Grunde sein mögen: Diese Frauen sind definitiv keine Arschlöcher. „Dies ist mein Leben“, sagt Kohan und erläutert, warum sie „schwierigen“ Menschen lieber gleich aus dem Weg geht. „Ich verbringe die meiste Zeit meines Lebens bei der Arbeit, leider, aber es ist einfach zu kurz, als dass ich mich mit Leuten herumschlagen will, die mein Leben unangenehm machen.“
Und aus diesem Grund gibt es, wie DeLaria es formuliert, „auch nicht eine einzige diva bitch cunt in unserer Serie“. Sollte man sich je die Frage stellen, ob die Schauspieler, die die eigenen liebsten Knastfiguren spielen, Menschen sind, mit denen man gern auch selbst mal eine Strafe absitzen würde – oder die man sich auch gut als Freundin oder Frau vorstellen könnte –, so lautet die simple Antwort: Ja.
Wer ohne Therapie ausgekommen ist, hat zumindest eine ausgeprägte Spiritualität
Während ich den Reigen von Frauen kennenlerne, entpuppt sich jede als ausnehmend angenehm und ausgeglichen – wofür in vielen Fällen vielleicht auch ein Psychotherapeut verantwortlich ist. Neben Schilling und Cox legte sich auch DeLaria auf die Couch – „zehn Jahre lang und für ’ne Menge Therapie“. Leyva sagt, dass sie Leute, die noch nie eine Therapie gemacht haben, „gern mal kennenlernen möchte. Ich muss mit ihnen reden und rausfinden, was in ihrem Kopf abgeht.“
Auch Aduba hat bereits einen Seelenklempner konsultiert – und wer bislang ohne Therapie ausgekommen ist, hat zumindest eine ausgeprägte Spiritualität. Brooks, die Tochter eines Baptistenpredigers, steht „fest auf dem Boden des Glaubens“. Polanca erwähnt, dass sie sich mit „Energieströmen“ und heilenden Steinen beschäftigt und alternative Medizin wie Reiki praktiziert. „Ich würde mich als spirituell bezeichnen“, sagt auch Prepon, die katholisch und jüdisch erzogen wurde, inzwischen aber bei Scientology eine neue Heimat gefunden hat. Sie behauptet, sich über absolut nichts mehr aufregen zu müssen – und als ich sie bitte, sich an ihren letzten Wutanfall zu erinnern, kann sie mit keiner Erinnerung dienen.
„Manchmal machen sie uns noch hässlicher, als wir ohnehin schon sind“
Kohan glaubt auch nicht an die Theorie, dass Genies zwangsläufig verhaltensgestörte Idioten sind („kompletter Bullshit“) – und Polanca erwähnt, dass die Wichtigtuerei, die sonst bei Dreharbeiten zum Alltag gehört, bei „Orange“ nicht existiert. Bei dieser Serie, so Leyva, gehe es nur um die Arbeit, denn ein Schönheitswettbewerb sei das mit Sicherheit nicht. „Wir tragen kein Make-up – und manchmal machen sie uns noch hässlicher, als wir ohnehin schon sind, indem sie Poren vergrößern und einen Pickel oder einen Tränensack noch hervorheben. Wir alle sehen scheußlich aus.“
Eine Ausnahme, so Leyva, gibt es allerdings: Laura Prepon. „Irgendwie schafft sie es, selbst unter diesen Umständen sexy auszusehen. Sie sieht immer gut aus – aber ich verzeihe ihr das.“ Von all den menschlichen Dramen, die sich im „Orange“-Umfeld ballen, ist die Geschichte von Natasha Lyonne vielleicht die bewegendste. „Sie wollte es noch einmal in diesem Geschäft versuchen“, sagt DeLaria, „und hat selbst ihre kühnsten Erwartungen weit übertroffen.“