Olympische Sommerspiele 2024: Breakdance auf dem Place de la Concorde
Zum Sound von Woodkid springen Frauen in Bomberjacken mit BMX Bikes über Mauern. Die Spiele in Paris sollen zum Urban Olympia werden.
Brian May und Roger Taylor, unterstützt von Jessie J, spielen „We will Rock You!“. Madness tragen „Our House“ ins Stadion. Die Pet Shop Boys tragen zu „West End Girls“ schrille Hüte. Ray Davies besingt, umgeben von einer Armada aus Tänzern und Turnern den „Waterloo Sunset“. Und dann kommen auch noch George Michael und die Spice Girls …
Die Abschlussfeier der Olympischen Sommerspiele 2012 in London war genau wie die von Regisseur Danny Boyle („Trainspotting“) organisierte Olympia-Eröffnungssause ein Hochamt der Popkultur.
Zwölf Jahre danach, wenn am 26. Juli 2024 die XXXIII Spiele in Paris eröffnet werden, wird Pop noch mehr Raum im Athleten-Spektakel zwischen Hammerwerfen und Synchronschwimmen bekommen.
Bislang hat Electro-Melancholiker Woodkid für die Übergabe-Phase von Tokio (wo die Spiele 2020 stattgefunden haben) in die französische Hauptstadt eine Art „Modern Oratorium“ komponiert.
Im entsprechenden „Course sur les toits de Paris“-Video geht es recht streetstylig zu (Bomberjacken-Frau springt mit Bike über Mauern), während der Sound sich mit rappelnden Beats in pompös-wuchtige Sphären schraubt.
Im Gespräch mit ROLLING STONE in Lausanne erläutert Christophe Dubi, der Orga-Direktor des Olympischen Komitees (IOC), dass das Konzept für 2024 über die bisherige Begleitmusik für den Stadionsport hinausgehen soll.
„Wir wollen das Beste präsentieren, das Paris zu bieten hat. Dazu gehört natürlich ein spezielles Flair, und natürlich auch die Mode. Wir konnten den Opern-und-Theater-Regisseur Thomas Jolly für die Zeremonien gewinnen. Die Eröffnung wird entlang der Seine stattfinden. Jolly ist bekannt für seine opulenten Bühnen-Inszenierungen. Sein künstlerischer Ansatz, der innovativ und oft auch ein wenig verrückt ist, soll durch die Verlagerung der Feiern mitten in die Stadt möglichst viele Menschen ansprechen.“
Für die Street-Wettkämpfe wird der zentrale Place de La Concorde komplett gesperrt und eine Zone für „Urban Sports“ errichtet, darunter Skateboarding (Street and Halfpipe ), BMX freestyle, sowie „3 gegen 3“-Basketball . Besonders die erstmalige Installation von Breakdance als offizielle Olympische Disziplin verblüfft.
Sind doch die einst undergroundigen und anfangs null kommerziellen „Dance Battles“ Mitte der 1970er bei Blockparties der Old School des HipHop in der Bronx entstanden. DJ und Spiritus Rector Africa Bambaataa („Planet Rock“) wollte seinerzeit die grassierende Gang-Gewalt in New York durch Rap und artistischen Street Dance unterbinden. Eine vielfach erzählte Saga.
Ziemlich genau 50 Jahre danach also Breakdance bei Olympia. Das spricht einerseits für die Fortentwicklung des Olympischen Gedankens „citius, altius, fortius“.
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In diesem Wechselspiel hat sich das Wochenende rund um den „Olympic Day“ (23. Juni) bewegt – mit Volksläufen, Präsentationen und Breitensport-Events auf der ganzen Welt. Die begleitende Kampagne „Let’s Move“ soll etwas für die Volksgesundheit tun. Gleichzeitig feiert das „Olympic Museum“ über dem Genfer See seinen 30. Geburtstag. Auch in Lausanne wird die neue Allianz zwischen Popmusik, Skater-Halfpipe und Yoga Sessions mit großem Aufschlag formiert. Zum Museums-Jubiläum spielt ganz locker die hauseigene IOC-Coverband The Courbertines und Belegschaft und Funktionäre tanzen. Der Weg nach Paris 2024 ist bereitet.
Das Skandal-geplagte IOC muss sich ab sofort auch an der angestrebten „coolen Atmo“ messen lassen. Wobei sich noch zeigen muss, ob diese in Paris (und anderswo) von den allgegenwärtigen Sponsor-Partnern vollgeballert sein wird. Schnell wird der Ruf eines „sellout“ auch der nicht-klassischen Sportarten laut werden.
Das Jahr bis Paris 2024 wird zeigen, ob sich wirklich ein neuer Geist aus dieser olympischen Pop-und-Sport-Allianz entwickeln kann.