Oasis – Berlin Arena
Das Heroische hat sich verflüchtigt, aus der Oasis-Saga droht eine Soap-Opera zu werden. Auf ihrer Amerika-Tour hat es wieder mal geschnackelt zwischen den Gallaghers. Liams labiler Lebenswandel erzürnte den großen Bruder über alle bislang bekannte Maßen. Das müsse er sich nun nicht mehr antun, verlautbarte er. Und überhaupt: Was für eine horrible Verschwendung von Energie und Genie, diese Tourneen außerhalb des UK. Nur in der Heimat wolle er künftig noch mit seiner Band auftreten, die so gewonnene Zeit nutzen zum Songschreiben und für Studioarbeit Wie dereinst Brian Wilson.
„You probably noticed that our kid’s not here“, nölt Liam, „he took his balls and went home.“ Seine Haltung sagt: Wen juckt’s? Dreitagebart, Brille, Blumenhemd, Jeansjacke, Arroganz aus allen Poren. Liam, der noble Wilde. Seine Stimme sagt: goddammit! Das Raspeln ist weicher geworden, der Ton trotziger. Liam in der Defensive. Um ihn herum nur noch Statisten, vor einem Backdrop aus Dias und Filmfetzen. Lennon, der Vertigo-Kreisel, psychedelischer Firlefanz. „Go Let It Out“ eröffnet mit Wucht und Wut. Dann „Shakermaker“: J’d like to be…“
Die alten Knaller rollen durch die Halle, skelettiert, aber aggressiv. „Supersonic“ als Sub-Boogie, „Live Forever“ ohne das Kippen in die Kopfstimme, ohne finalen Kick. „Wonderwall“ wird beschleunigt und rockt wie nie, „Gas Panic!“ gerät zum Fanal, und selbst das nichtsnutzige „Cigarettes And Alcohol“ heizt ein. Zwischen den Songs bleibt Liam stumm, geht wiegenden Schrittes zum Bühnenrand, steht still, stiert in die Menge. Ansagen beschränken sich auf: „This one’s for the people“ („Roll With It“). Oder: „This one’s for the girls“ („Stand By Me“). Nach einer Stunde ist der Taumel vorbei. „I know you paid a lot“, schnarrt Liam und hebt die Schultern, halb entschuldigend, halb selber schuld. Als Zugabe „Rock’n’Roll Star“. Wie überaus sinnfällig: „It’s just rock’n’roll, it’s just rock’n’roll, it’s just rock’n’roll…“