Norin Radd
Ein Berliner spielt als Norin Radd verblüffend überzeugende US-amerikanische Roots-Folkore
Können Sie sich Donovan in einer Fernfahrerkneipe in Potsdam vorstellen? Zigarre schmauchend, ein Pils in der Hand, im gepflegten Small-Talk mit Trucker-Jürgen aus Wanne-Eickel? Norrin Radd konnte das sicherlich auch nicht. Bis er unter seinem bürgerlichen Namen Gandulf Henning als Produktionshelfer des „Arte“-Comeback-Konzerts nähere Bekanntschaft mit dem höflichen Briten machte, der im Pub ebenso „echt“ (Radd) wirkte wie auf Esoterik-Terrain. Später beim Radio hat er dann nämlich „was vom dritten Auge und seinem spirituellen Zentrum erzählt“.
Resultat der kuriosen Begegnung ist jedenfalls ein Gedicht von Donovan, welches nun im Booklet des neuen Radd-Albums „Monsters And Angels“ dokumentiert ist. „Am Schluss bat er um meine CDs. Rockstar-Höflichkeit, dachte ich. Da war ich schon überrascht und erfreut, als dann diese Mail von ihm kam, in der er auch sehr ausführlich auf meine Platten einging.“
Doch, der Berliner Songwriter ist schon mächtig „stolz, dass meine Musik auch in Großbritannien Gehör findet“. Mit „The Time Of Our Lives“ vom ersten Album „Where She Danced“ landete er sogar als erster Teutone überhaupt auf einer „Best Of“-Compilation der guten alten Tante BBC. Und drüben in Florida schrieb ihm angeblich sogar der große Byrds-Gitarrist Roger McGuinn unlängst mal ein paar nette Zeilen.
Daheim hingegen hat der Westcoast-Freund von der Spree drei Reaktionsmuster ausgemacht. Da sind die Ungläubigen, die „nichts damit anzufangen wissen“ und staunen, „wie es sein kann, dass man aus Deutschland so ganz amerikanisch klingende Platten macht“. Dann kommen die „Apologeten“, die ihn gleich mit Neil Young vergleichen und so „in einen Kontext stellen, in den ich nicht gehöre“. Und schließlich „gibt es die, die fragen, warum ich nicht mehr deutsche Elemente verarbeite. Soll ich Rammstein einbauen, um Klischees zu entsprechen? Oder mit Akzent singen?“ Und Danny Dziuk, Stefan Stoppok und Konsorten gibt es ja auch schon.
Erfolg ist halt relativ. Aber so relativ wie im Falle von „Where She Danced“ sollte er lieber doch nicht wieder werden. Während sich Radd noch an der überwiegend positiven Medien-Resonanz erfreute, war das Album mehr als sechs Wochen lang im Handel nicht zu haben, weil beim damaligen Vertrieb nach einer Software-Umstellung die gesamte Logistik zusammengebrochen war.
Diese „Katastrophe“ (Radd) soll ihm jetzt mit eigenem Label erspart bleiben. Expandiert wird auch schon: Im nächsten Frühjahr wird in Person von Rosie Flores, die gerade mit ihm durch die Lande tourt und zu schönsten Hoffnungen berechtigt, eine veritable Alternative-Country-Größe auf Calico Records debütieren. Neben ehrenwerten Roots-Labels wie Glitterhouse, Blue Rose, XXS, Ulftone, Ruf und In-Akustik wird die Firma sich behaupten müssen.
Vielleicht kommt ja auch bald ein Demo von Donovan.