NOMINEE COMMITMENT: Slowthai
Der britische Rapper setzt dem geplanten Brexit ein beherztes „Nothing Great About Britain“ entgegen. Ein notwendiges, klares Statement aus dem Mutterland des Pop.
Der britische Rapper Slowthai hat ein schwieriges Verhältnis zu seiner Heimat. „Nothing Great About Britain“ hat er sich auf seinen Körper tätowieren lassen. Es ist zugleich auch der schwarzmalende Titel seines erstaunlichen Debütalbums, das 2019 erschien. Die Platte ist eine einzige grimmige Abrechnung mit dem zurzeit schwer mit sich selbst beschäftigten Königreich.
Großbritannien ist für Slowthai ein rassistischer Moloch
Zu aufgereizten Beats und brummelnden Synthesizern beleidigt Slowthai, der eigentlich Tyron Frampton heißt und sich auf der Bühne oft derart verausgabt, dass er sich schweißgebadet regelmäßig bis auf die Unterhose entkleidet, so ziemlich jeden Politiker und Repräsentanten seines Landes. Auch kein Symbol ist ihm heilig. Das Großbritannien, das der Rapper mit schäumenden Wortkaskaden zeichnet, ist ein rassistischer Moloch, ein Polizeistaat voller drogenabhängiger Hooligans. Selbst die Queen bekommt ihr Fett weg.
Der 24-Jährige ist engagierter „Remainer“. „Ich bin besorgt, wie der Brexit sich auf die jüngere Generation auswirken wird“, sagt er „Es fühlt sich so an, als würden wir zehn Schritte rückwärtsgehen.“ Slowthai widmete eine ganze Tournee diesem Thema, die er „Brexit Bandit“ taufte.
Geboren auf der Verliererseite
Seine Haltung speist sich aus eigenen Erfahrungen. Der rücksichtslos ehrliche Song „Northampton’s Child“ ist die Summe seiner verkorksten Kindheit in wenigen Minuten: Geboren auf der Verliererseite, von einer verzweifelten Mutter in einer Sozialwohnung großgezogen, vom drogenbenebelten Stiefvater gegängelt. Dazu kommt der Verlust eines Bruders, der früh stirbt. Trotzdem gibt es die für dieses Genre übliche Liebeserklärung an die Mutter; hier ist sie von ergreifendem Mitgefühl und Ehrlichkeit geprägt. Ein dialektischer Maßstab, der auch für seine wütende, klassenkämpferische Wortkunst gelten darf.
Am 22 November wird erstmals der International Music Award in Berlin vergeben. Mehr zum IMA erfahrt ihr hier.