Noel Gallagher: „Wenn ich die Zeit zurückdrehen könnte und dafür alle Songs hergeben müsste, würde ich das machen!“
Der Songwriter über Nostalgie, schwere Zeiten und seine Überlebensstrategien
Am 2. Juni erscheint „Council Skies“, Noel Gallaghers viertes Soloalbum – und sein bestes. In der Titelgeschichte von ROLLING STONE 06/23 spricht der Songwriter über Astrologie und Frühlingsgefühle, versunkene Welten und neue Hoffnungen – und winkt bei der Frage nach einer Oasis-Reunion ab. „Council Skies“ sieht er als eine Art Neubeginn, auch wenn sich der Titel auf den Himmel über den Sozialbauten in Manchester bezieht, wo Noel aufwuchs. Ein Auszug aus dem aktuellen Interview.
Ist es denn möglich, die eigenen Wurzeln zu feiern, ohne in Nostalgie zu verfallen?
Ich mag keine Nostalgie. Natürlich ist es leicht, die Vergangenheit zu glorifizieren. Aber ich lebe lieber im Moment. Allerdings sind diese Lieder schon ziemlich nachdenklich, weil sie eben während der Pandemie geschrieben wurden. Da konnte man ja nicht viel anderes tun, als sich zu besinnen und rumzugrübeln! Mir wurde da auch dermaßen bewusst, dass wir so eine Situation noch nie erlebt hatten. Man konnte nicht groß in die Zukunft blicken, weil niemand wusste, wie die aussehen wird – was wirklich beunruhigend war. Über die Gegenwart konnte man auch nichts schreiben, weil man den ganzen verdammten Tag lang nur zu Hause hockte. Also konnte man als Künstler nur in sich gehen und schauen, wie man zu diesem Punkt gekommen ist. Deshalb reflektieren die Stücke das.
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Im Titelsong singst du, das Leben sei unvorhersehbar – und es klingt gar nicht negativ. Früher hast du oft betont, dass du Veränderungen hasst. Hat sich das … geändert?
(Lacht.) Es ist wunderbar, dass das Leben nicht vorhersehbar ist! Natürlich! Die nächste Zeile lautet ja: „You could win or lose it all.“ Das Leben ist ein bisschen wie ein Roulettetisch, nicht ganz so brutal freilich, aber es kann einem schon leicht passieren, dass man Entscheidungen trifft, die dann Jahre unseres Lebens bestimmen – und die können entweder toll sein oder verdammt katastrophal. Als ich für diesen Song darüber nachgedacht habe, wie unvorhersehbar das Leben ist, habe ich mich auch an zwei meiner Freunde erinnert. Zwei junge Typen, der eine war bei den Gorillaz, Jay Sharrock, der andere, Jeff Wootton, auch noch bei Beady Eye. Wir gehen manchmal gemeinsam aus, und ich dachte, wenn uns jemand vor fünf Jahren in unserer Bar, wo wir immer getrunken haben, erzählt hätte, demnächst kommt eine Pandemie, die Queen wird sterben, und alles wird sich verändern, die ganze Welt steht bald kopf, dann hätten wir doch gesagt: Fuck off! Inzwischen kann ja niemand mehr wirklich vorhersehen, wo wir am Ende dieses Jahrzehnts stehen werden. Das sind die modernen Zeiten. Ich glaube, das war früher schon anders, auch wenn die Menschen immer unberechenbar waren. Der Grat zwischen Alles-Gewinnen und Alles- Verlieren war immer schmal. Und ich mag das.
Bei vielem, wie eben der Pandemie, geht es aber ja nicht um eigene Entscheidungen.
Da waren wir doch relativ machtlos. Sicher, aber dann geht es darum, wie man damit umgeht, oder? Als Covid passierte, haben viele Menschen sehr schlecht reagiert. Auch in meinem Umfeld gab es Leute, die durchgedreht sind und sich bis heute nicht davon erholt haben. Und dann die Scheißverschwörungstheorien, das ging mir alles so auf die Nerven. Ich wünschte, diese Zeit hätte es nie gegeben, ich habe sie gehasst. Wenn ich die Zeit zurückdrehen könnte und dafür alle Songs hergeben müsste, die ich währenddessen geschrieben habe, würde ich das machen! Weil das Leben vorher für mich persönlich besser war.
Das gesamte Interview lesen Sie in der aktuellen Ausgabe des ROLLING STONE, im Handel ab dem 25. Mai 2023.