Nirgendwo in Iowa hat Tom Jessen’s Dimestore Outfit die Probleme, die man in New York bekäme
New York oder nicht New York? Das ist derzeit die große Frage für Tom Jessen. Sein Bruder und einige Freunde leben bereits dort, auch eine Frau hat im Big Apple schon seine nähere Bekanntschaft gesucht. Doch Iowa City hält ihn noch, die solide Metropole im Mittleren Westen, seine Heimat seit er 1987 dort auis College ging, wo „alles so easy ist“, nicht nur die Suche nach einem Proberaum. „Es läuft ja immer auf die Frage raus, was man opfern will“, seufzt Jessen und ringt mit der Antwort. Noch.
Mag die real noch ausstehen, mental und musikalisch hat er sie schon vorweggenommen. Trumpfte Jessen 2000 mit seinem Debüt „Redemption“ noch als neue Alt.Country-Hoffnung auf, so überraschte er jüngst mit dem urban arrangierten R’n’B-Epos „Nighi“. Auch sich selbst? „Noch während ich das erste Album promofefe, waren wir schon auf einem anderen Weg“, entgegnet Jessen, irgendwann hänge einem „der Americana-Kram halt zum Hals raus“, zumal auch die Lokal-Szene längst komplett von College- auf Roots-Rock umgestellt hatte und „wir nur noch Gigs mit anderen Alt.Country-Bands bekamen“. Es mache ihn, so Jessen, „immer nervös, wenn die Leute dich zu kennen und zu wissen glauben, welche Musik du spielen solltest.“
Das düstere Gefühls-Exil von „Night“ wollte Jessen zunächst so rauh wie Neil Youngs „Tonight’s The Night“ vertonen. Oder mit einer Sixties-Garagen-Band. „Aber dann war mir das zu offensichtlich, also polierte und produzierte ich, um die Stimmung der Texte aufzuhellen.“ Klar, er hätte „die Songs auch akustisch wie Johnny Cash“ spielen können, doch wo wäre dann sein Faible für merkwürdige Instrumente geblieben? Wo hört man sonst schon ein Bassoon auf einer Rock-Platte? „Ich wollte einfach rauslinden, ob ich auch sowas schreiben kann. Dann habe ich diesen Sound im Kopf und muss das richtige Instrument dafür finden. Ich stelle gern verschiedene Instrumente gegenüber, so dass die Songs und Sounds untereinander eine Beziehung entwickeln können.“ Und weil seine „Vision diesmal noch dunkler“ war, musste alles „ein bisschen epischer werden, größer, fetter, fast orchestral“.
Und New York? Vielleicht kann Tom Jessen ja dort eine Filiale der Health-Food-Kette aufmachen, für die er jetzt in Iowa City arbeitet. Denn – Bruder hin, neue Liebe her – finanziell möchte er auch weiterhin nicht auf seine Musik angewiesen sein. „Ich hab zu viele Leute gesehen, die sich den Arsch abspielen mussten, um die Miete zu sichern. Da dreht sich’s irgendwann nur noch ums Geld, nicht mehr um die Musik. Das soll mir nicht passieren.“