Nie mehr Disco
Roddy Frame hat die Krise der mittleren Jahre überwunden und sich mit dem Altwerden arrangiert
Natürlich ist ein neues Album von Roddy Frame kein Grund zur Aufregung, kein Dokument des Zeitgeistes und kein Beitrag zur allgemeinen popkulturellen Diskussion – seit Frame früher mit Aztec Camera ein Star war, verlagert sich diese Karriere mit viel feingeistiger Stoik und einem süffisantem Lächeln immer weiter ins Private, wo sich auch jenseits der Jugend schöne Musik machen lässt. Zuletzt konnte man das auch am Produktionsdesign ablesen: „Surf“, Soloalbum Nummer zwei, war ein ganz karges Album, das Frame solo bewerkstelligte, allein mit der Stimme und den Liedern, diesen Liedern, die hier schon immer das Pfund zum Wuchern waren. „Wenn ich in diese Richtung konsequent hätte weitergehen wollen, hätte ich bloß noch ein A-cappella-Album machen können“, erklärt Frame den Umstand, dass auf der neuen Platte, „Western Skies“, nun wieder Trommeln, Bass und gelegentlich ein Piano zu hören sind. „Ich wollte dieses Soloding in dem Moment zu Ende bringen, in dem es am schönsten ist, also jetzt. Wer weiß – vielleicht gibt’s bald wieder eine Band.“
Natürlich gelingt dieser mutmaßliche Abschluss äußerst gut:
„Western Skies“ ist wunderbar unaufgeregt und voll mit potenten Liedern – eine Postkarte von einem alten Freund und die ultimative Lobhudelei der gekonnten Melodie. „Surf‘ war eine sehr rohe Platte, der man meine eigene Verwirrung angemerkt hat“, übernimmt Frame die Werkeinordnung, „Western Skies“ ist viel einladender, wärmer und ohne die Angst der letzten Jahre. Das hier ist das Album, das man nach seiner Midlife Crisis macht – der Moment, nachdem man den Sportwagen wieder verkauft und die Mitgliedschaft in der Disco nebenan wieder abgegeben hat.“
Frame lacht – über sich selbst, über die Unausweichlichkeit der eigenen Lebenserfahrungen, den Lauf der Dinge insgesamt. Es sind diese Themen, die der Musik auf „Western Skies“ zu ihrem abgeklärtfreundlichen Ton verhelfen. „Man ist ja zu alt, um sich noch aufzuregen“, sagt Frame auch in Bezug auf seine freilich nicht größer werdenden Businesschancen. „Ich war früher immer rastlos auf der Suche nach der perfekten Band, dem perfekten Sound und der perfekten Karriere – was nicht unbedingt dazu geführt hat, dass ich mein Leben immer wirklich genießen konnte. Aber irgendwann beruhigt man sich.“
Was nun nicht heißt, dass sich auf „Western Skies“ alles in Wohlgefallen auflöst. Beziehungen gelingen nicht oder enden gar, und insgesamt sind die meisten Dinge eher in der Schwebe als klar zugeordnet. „Ich fühle mich ein bisschen wie der Marble Arch (ein Torbogen am Londoner Hyde Park mit wechselhafter Geschichte) – der ist auch von einem Ort zum anderen umgesetzt worden und hat nie wirklich seine Bestimmung gefunden. Was bleibt einem übrig?! Man arrangiert sich eben.“ Auch irgendwie tröstlich, diese Aussicht.