Nie aufgeben
Fünf Fragen an die Songschreiberin Lindi Ortega, die sich von Sisyphos inspirieren lässt
Die hübsche kanadische Songschreiberin Lindi Ortega weiß um ihre Wirkung. Das merkt man ihrem frischen, selbstbewussten neuen Album „Little Red Boots“ an. Als sie – natürlich – in roten Cowboystiefeln ins Zimmer kommt und unter einer aus der Wand ragenden Pferdekopfattrappe Platz nimmt, bemerkt sie: „Ist ja ein fantastisches Motiv für ein Gespräch mit mir.“ Es geht aber um mehr als ums Cowgirl-Sein – auch ein französischer Existenzialist spielt eine wichtige Rolle.
Sie haben bereits 2001 ihr erstes Album veröffentlicht. Ist es nicht merkwürdig, noch immer als Newcomerin gehandelt zu werden?
Als ich mein Debüt aufnahm, hatte ich keinen Plattenvertrag, man konnte nichts von mir im Laden kaufen. Ich habe lediglich ein paar Alben nach Auftritten verkauft. So lange mir Leute zuhören, ist es mir egal, ob ich nach wie vor als Newcomer gelte.
„Little Red Boots“ klingt stellenweise sehr kommerziell. Haben Sie keine Angst, mit Leuten wie Garth Brooks in einen Topf geworfen zu werden?
Nein. Mich inspirieren Johnny Cash, Merle Haggard oder Hank Williams. Leider wissen viele Kids heute nicht mehr, dass Country auch cool und rebellisch sein kann. Das versuche ich wieder zurückzubringen.
Im Song „Dying Of Another Breaking Heart“ singen Sie die Zeilen „I don’t believe in romance/ I don’t believe in fate“. Haben Sie den Glauben an die Liebe verloren?
Als ich den Song schrieb, hatte ich gerade eine bittere Affäre hinter mir und wollte vorerst keine neue Beziehung eingehen. Ich tat mir selbst leid, mein Herz war gebrochen, also bestand die einzige Möglichkeit für mich darin, der Sache noch etwas Positives abzugewinnen.
Erst kürzlich waren Sie als Backgroundsängerin von Brandon Flowers während seiner Solotour zu hören …
Sein Agent sah mich auf einem Showcase in Los Angeles und erinnerte sich später an mich, als Brandon Backgroundsängerinnen suchte. Da es in meiner Karriere zu dem Zeitpunkt nicht voranging, sagte ich mir: „Sieh dir die Welt an und lerne von diesem großartigen Musiker.“
Eine Ihrer Inspirationsquellen ist „Der Mythos von Sisyphos“ von Albert Camus. Was fasziniert Sie an seiner Philosophie?
Es kommt mir oft vor, als wäre meine Karriere zu Beginn wie die Geschichte von Sisyphos verlaufen: Man will einen Felsbrocken einen Berg hinaufrollen und scheitert immer wieder. Heute bin ich froh über diesen Kampf, weil er mich gelehrt hat, eine bessere Musikerin zu werden und niemals aufzugeben.