Nick Cave – Hamburg, Westport

Den Australier Nick Cave stört Hitze wahrscheinlich nicht besonders. Er würde ihm nie einfallen, bei geschätzten 60 Grad die Weste auszuziehen. Hamburgern geht es da anders, und so murrten viele im Sauna-Zelt vor den Deichtorhallen. Der Meister in schwarz hatte verboten, daß man die Seitenwände abnimmt – er wollte keinen Sonnenstrahl reinlassen. Also bekamen die 2500 Zuschauer weder Licht noch Luft, aber immerhin 1000 Stühle. Darauf bestand Cave, und darum blieb die Abendkasse geschlossen: kein Platz mehr für Spätentschlossene.

Die Anfangstakte wurden vom Lärm der Hereinströmenden verschluckt, dann kam mit „Henry Lee“ schon die erste Mordsballade. Begleitet wurde Cave diesmal nur von zweien der Dirty Three, Drummer Jim White und Geiger Warren Ellis, sowie Bassistin Susan Stenger. Natürlich spielten die im Grunde keine Rolle. Cave erzählte – leicht lallend und schwer rauchend wie immer – oft allein am Klavier seine Geschichten, und das waren die bewegendsten Momente. Leider verstand man die einleitenden Worte oft nicht Wem er früher was vorgelesen hat, blieb deshalb im Dunkeln, und das anschließende, sehr rührende „Papa Won’t Leave You, Henry“ wurde gestört durch einen Menschen, der just im stillsten Moment lauthals sein Käse-Crepe lobte. Vielleicht bietet ein Festival nicht das richtige Ambiente für Nick Cave.

Jemand rief nach „Stagger Lee“, doch Cave ließ ihn zappeln. Wer auf „The Weeping Song“ oder „Where The Wild Roses Grow“ wartete, hatte gar kein Glück – obwohl der Abend sich weitgehend an den „Hits“ entlanghangelte. Erstaunlicherweise funktionieren diese immer wieder, lassen ganz coole Menschen die Nerven verlieren und mitsingen, bei „Into My Arms“ vielleicht sogar eine Träne vergießen. Nach einer Stunde ging Cave von der Bühne und ließ nach einer Zugabe klatschen – so viel Rock-Regel muß sein. Nach dem Birthday Party-Song „Wild World“ drehte er sich vom Piano weg, nahm ein kleines Casio-Keyboard auf den Schoß und intonierte „Right Now I’m A-Roaming“. Es wirkt nicht peinlich. Obwohl es das Leben on the road beschreibt Das ist hohe Kunst.

Am Ende knöpfte er sogar seine Weste auf und lächelte ins Publikum. Dann gleich „People Ain’t No Good“. Und ein paar lustige Zeilen sagte Cave auch noch. Sie endeten mit: „You can go and fuck yourself, it’s time fbr me to leave.“

Abonniere unseren Newsletter
Verpasse keine Updates