Nichts verschossen

Eine tolle DVD-Dokumentation ĂŒber Mehmet Scholl zeigt, wie man als wehrloser kleiner Kerl den FC Bayern ĂŒberlebt

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Bevor dieser Film ungefĂ€hr in der Mitte doch noch in die alte SommermĂ€rchen-Dramaturgie hinĂŒberkippt, in die Zeichensprache der Sportberichterstattung, die mit ihren „Ankunft im Trainingslager“- und „Das Stadion fĂŒllt sich“-Bildern jeden Erkenntnisgewinn verhindert, wĂ€hrend die relativ ereignislosen 48 Stunden vor dem letzten Bundesliga-Punktspiel des Mehmet Scholl dokumentiert werden und ein KarriererĂŒckblick dazwischengestĂŒckelt wird, in dem sich niemand richtig traut, es komisch zu finden, wie Dr. MĂŒller-Wohlfahrt den verletzten Scholl fĂŒr das Champions-League-Finale fitspritzt – bevor das passiert, ist „Frei:Gespielt“, der jetzt auf DVD erscheint, ein ganz fantastischer deutscher Fußball-Film. An die legendĂ€re „Profis“-Dokumentation von 1979, in der sich der aufstĂ€ndische Paul Breitner kein bisschen um die Kamera scherte, können die Regisseure Eduard Augustin und Ferdinand Neumayr freilich nicht herankommen – aber auch die halbe Wahrheit kann es wert sein, abgebildet zu werden: wie Uli Hoeneß gönnerhaft sagt, er möge Spieler, die sich ein bisschen auflehnen. Und wie Lukas Podolski erklĂ€rt, wenn die „GQ“ ankĂ€me und eine Story mit Fotos wolle, dann mĂŒsse man doch mitmachen. Und dann berichtet Mehmet Scholl, um den es ja eigentlich geht, von der Zeit, in der er sich als „Bravo Sport“-Super-Pinup fĂŒhlte, sich im Griechenland‘ Urlaub playboyhaft an die Bar stellte – und nicht mal die HĂ€sslichste im Raum nach ihm guckte. Es geht gar nicht darum, ob man Scholl mag und wieviel Ehrlichkeit er sich in so einem Film tatsĂ€chlich leisten kann: Wenn er der Kamera sagt, dass sein Ex-Verein mal gut beraten wĂ€re, an seiner Außenwirkung zu arbeiten, ist das noch ein salziger Moment in einem Werk, das genauso gut ein reiner PR-Film hĂ€tte werden können.

Sowieso ist es faszinierend zu beobachten, wie „Frei:Gespielt“ als Scholl-PortrĂ€t beginnt und dann, ohne sich wehren zu können, zu einem Film ĂŒber den FC Bayern wird. Wie der Protagonist beim Interview mit grauer Sportjacke im Halbdunkel sitzt und vom Haifischbecken spricht, in dem man sofort schwimmen mĂŒsse, und die Szenerie ein wenig an die Bekenntnisse von geheilten Drogenopfern oder Sektenaussteigern erinnert. Scholl spielt hier weder den Rebellen noch den Sonnenschein, und die brillanten Kommentare von Markus Kavka und Albert Ostermaier machen die Auftritte von Herbert Grönemeyer, Joschka Fischer oder Edmund Stoiber wett, die ja nur fĂŒr die Galerie sind.

In einer Szene erzĂ€hlt Harald Schmidt, Scholl habe ihm einmal in fĂŒnf SĂ€tzen die ganze Struktur des FC Bayern erklĂ€rt. Die könne er natĂŒrlich nicht verraten. Vier davon kann man sich nach dem Film auch selbst denken.