New Voices Vol. 41
GROLLENDER ROCK
FRANK BLACK AND THE CATHOLICS Unverwüstlich. Nach der Götterdämmerung seiner Band Pixies, mit denen er in den Achtzigern nichts weniger als ein neues Rock-Universum geschaffen hatte, wandte sich Charles Thompson von seiner außerirdischen Passion ab, taufte sein Pseudonym Black Francis in Frank Black um und predigt seither grollend Garagen-Rock. Auf „Dog In The Sand“ schillern aber auch Surfund Space wieder etwas durch, Pop und Country. Schauplatz sind die amerikanischen Mythen, wie Cover und der Song „Bullet“ zeigen. „If the revolution comes, please take my rifles and take my guns, a Single bullet loaded in each one“, raunzt der Wutkopf. Das Genie brennt ewig.
FIEBRIGER PSYCHO-NOISE THE FLÄMING STARS
Ein gutes Dutzend Singles, EPS und Alben haben die Fläming Lips vom ehemaligen Gallon Drunk-Schlagzeuger Max Decharne bereits aufgenommen mit fiebrigem, wüsten, rasendem Psycho-Noise zwischen Garage Punk, Blues und Rockabilly. Auf „Walk On The Wired Side“ (Swamp Room Records) singt Decharne von verkrachten Existenzen, von Verlierern, Verrückten und Verliebten und raunt manchmal sinister-romantische Balladen.
RESPEKTABLER POP-PUNK
UNCLEHO
Gitarre, Schlagzeug, Bass – Punkrock, Baby! Powerpop. Große Melodien mit einprägsamen Refrains und viel Lärm. Mit ihren Alben „Till“ und „Smallh Beautiful“ hat sich das Trio aus Wuppertal in den vergangenen vier Jahren einen respektablen Ruf erworben und den Support für die Smashing Pumpkins überstanden. Auf der dritten Platte „Show Them What You Are Made Of“, ihrem Debüt bei einer Majorfirma, covern Uncle Ho famos „Down By The Water“ von PJ Harvey, erweisen sie Nirvana und Tom Petty ihre Referenz und decken sie von eher balladesk bis ziemlich brachial jede Stimmungslage des Rock’n’Roll ab.
PSYCHEDELISCHEREISE
STEVE WYNN
Sechs Soloplatten hat der Wahl-New brker seit der Auflösung seiner Band Dream Syndicate veröffentlicht, und die siebte ist nun sein erstes Doppel-Album mit 19 Songs. „Here Come The Mimcks“, so Wy nn, sei sein JZxile On Main Street“, eine bewegend-schwere, aber auch aufregendexperimentelle Reise aus Psychedialia,Jazz, Blues, Punk und GospeL Keyboarder Chris Cacavas sowie Giant Sands John Convertino und Howe Gelb sind als Gäste dabei.
ZARTE POP-AKKORDE
ESKOBAR
Hingetupfte Melodien, zarte Akkorde, verträumter Gesang – Eskobar aus Stockholm trumpfen auf ihrem Debütalbum “ TU We’re Dead“ mit sensiblen bis sentimentalen Songs auf, die aus dem Britpop schöpfen und nicht selten im Ausdruck an Nick Drake gemahnen. Als „Nach-der-Party-Musik“ bezeichnet das Trio die Stimmung. Melancholische Absacker, in denen Hoffnung auf den Morgen mitschwingt.
BLOCKHUTTEN-FOLK KINGS OF CONVENIENCE Als würde es in norwegischen Blockhütten noch immer keinen Strom geben, musizieren Erland Oye und Eric Glambek Boe konsequent akustischen Folk. „Quiet h The New Loud“ haben sie folglich ihr Debütalbum genannt, das den jungen Singer/ Songwritern den Titel „Norwegens Antwort auf Simon 8C Garfunkel“ eingebracht hat Zweistimmig und getragen
intoniert das Duo zu perlenden Gitarrenakkorden, warmen Streichermelodien und verhaltener Percussion, Am liebsten treten sie in Kinos auf – wegen der „konzentrierten Atmosphäre“. Noch geeigneter wären Theater.
SPRÖDE INTIMITAT AIMEEMANN Jahrelang lag „Bachelor No. 2 Or The Last Remaim Of The Dodo“ bei ihr zu Hause rum, weil sich die eigenwillige Singer/Songwriterin von den Plattenfirmen (,?Xfe can’t hear a single“) verraten fühlte und selbst keine Mittel hatte, das Werk zu vertreiben. Seit indes ihre Musik den Regisseur P. T. Anderson zum Film „Magnolia“ inspiriert hat und Mann sogar fiir den Oscar nominiert worden ist, belagern A&Rs ihre Haustür – aber nur für Europa hat sie das Album an ein Label vergeben, da sie sich hier verstanden glaubt. 13 bezaubernde, beseelte, spröde und intime Popsongs.
AMERICANA GEOFF MULDAUR Mit „Kitchen Door Blues“, dem ersten Song seines neuen Albums „Password“, hat der Singer/Songwriter ein Gedicht von Tennessee Williams vertont und beginnt so eine magische Reise durch die Vergangenheit der amerikanischen Traditionsmusik. Mit Bob Neuwirth, Van Dyke Parks, David Lindley und anderen interpretiert er besinnlich Volkslieder und Standards aus Folk, Country und Blues, einen Gospel von blinden Straßensängern und mit einem Opernorchester eine Südstaaten-Hymne.
BIG BEATS &TRASH-ROCK RUSSELL SIM NS Der Drummer von Jon Spencer Blues Explosion ist auch ein gefragter Remixer und hatte bereits auf Grand Royal das Projekt Butter 08 herausgebracht. Beim Label der Beastie Boys erscheint auch sein Solo-Debüt „Public Places“, bearbeitet vom Everlast-Produzenten Jamey Staub. „No Straight Line“ gehört noch zu den ruhigeren Stücken, neben denen er auch Big Beats, Hip-Hop und Trash-Rock arrangierte.
SOUNDSYSTEM KING COBB STEEL E College- oder Holzfäller-Rock kennt man ja aus Kanada zu genüge – aber als Beatmeister sind die dortigen Musiker und Bands bisher noch nicht unbedingt aufgefallen. King Cobb Steeüe haben ihr Debüt „Project Twinkle“ bereits 1994 veröffendicht. Als Junior Relaxer“ 1997 dann auch in Europa erscheinen sollte, wurde allerdings gerade das Spin-Label aufgelöst Somit ist „Mayday“ nun ihre Album-Premiere auf dem alten Kontinent. Dub, Wave, HipHop, Jazz, Funk und Pop haben sie zu einem komplexen Soundsystem verkittet, das magisch-mythisch fließt wie der TripHop von Massive Attack oder so schimmert wie eine Kreuzung aus Björk und Peter Gabriel.
STREETSOUL NICOLE WILLIS Sie hatte im Background für The The und Deeelite begonnen und die erste große Aufmerksamkeit dann 1999 als Sängerin des Leftheld-Songs „Sword“ erhalten. „Soul Makeover“ heißt nun ihr Debüt als Solistin, produziert von dem DJ Maurice Fulton und Orgel-Wizard Jimi Tenor, der Nicole Willis öfter an seiner Rhodes begleitet. Streetsoul und bluesiger Gesang zu House, Pop, Sixties-Jazz, Low-Fi-Sounds und gewitzt gepaart mit Samples von Soft Cell und Motown-Disco.
RAP-REFLEXONEN TALIBKWELI&H TEK Die kleine New Yorker Firma Rawkus ist das Rap-Label der Stunde. Während der amerikanische HipHop behäbig geworden ist und in einigen erfolgreichen Klischees erstarrt, besinnen sich junge Rawkus-Künstler wie Talib Kweli und DJ Hi Tek mit Selbstund Sozialbewusstsein auf die musikalischen, inhaltlichen und rhetorischen Wurzeln des Rap. Ihr Debüt „Reflection Etertial“ ist urban, wartet mit überraschenden, entspannten Beats und fein gesponnenen Sounds auf.
GESAMMELTE TÖNE NAOMI Wieder zwei Sammler und Bastler. Aber sind sie nicht rührend? Verknallen sich so sehr in einen Klang, ein Alltagsgeräusch, eine Melodie aus der Jugend, dass sie jene sampeln, einen Loop daraus machen und einen Track darum programmieren müssen. Naomi sind die Hamburger Bernd Lechler und Nico Tobias. Songwriter, nicht DJs. Der Unterschied ist wichtig. Denn ihr Debütalbum „Mole Listening Pearls Vol 2 Ä ist Pop.
Und wunderschön.