New Noises Vol. 55
Auch aus der Weltstadt mit Herz versenden wir wieder unsere CD des Monats - unter einem neuen Namen, mit vielen Neuentdeckungen und einigen alten Bekannten
1 Nicht nur der Rolling Stone produziert jeden Monat eine neue CD, RYAN ADAMS scheint sich ebenso regelmäßig im Studio aufzuhalten. So hat er in den letzten Monaten fünf neue Alben eingespielt eine Bluesversion des Strokes-Meisterwerks „Is This It“ und vier mit eigenem Material. Auf sein Strokes-Album warten wir bisher vergeblich, aus dem anderen Material hat er nun eine Art Best-Of-Compilation gemacht „Starting To Hurt“ entstand mit seiner Band, den Pinkhearts, in Nashville.
2 Kann man über Adams mit einiger Berechtigung sagen, er habe seine musikalischen Wurzeln im Folk, liegt die Sache bei BRENDAN BENSON völlig anders, auch wenn der Titel „Folk Singer“ von seinem zweiten Album „Lapalco“ Ähnliches vermuten lässt. Doch bereits nach dem ersten Gitarrenanschlag hört man, dass seine Kinderstube eher von den Beatles, Big Star oder Squeeze beschallt wurde. Power-Pop!
3 Schönen Power-Pop machen auch NADA SURF. Doch Emphase und Popbrillanz würden ihnen auch erlauben, auf der immer noch gut rollenden Brit-Pop-Welle mitzusurfen. Aber erstens kommen sie aus New York, und zweitens steht ihnen ihre Liebe zu US-Gitarrenbands wie Pavement, den Pixies oder Weezer bei einem vollintegrierten Travis-Mix im Wege. Das neue A3bum,£etGo“ist bisher ihr bestes.
4 Wie Nada Surf Britpop sind, der nicht aus Großbritannien kommt, sind IDLEWILD amerikanischer Garagenrock aus Schottland. Auf „The Remote Pört“schalten sie aber ab und zu auch mal einen Gang zurück, was sowohl den Songs als auch der Durchschlagskraft der wieder zur Genüge vorhandenen temporeichen Passagen gut tut. Die von der Presse immer wieder angestrengten R.E.M.-Vfergleiche sind fehl am Platz.
5 Als wollten sie es neuen Indie-Helden wie den Libertines oder den Strokes mal sorichtig zeigen, legen sich SUPERGRASS auf „Never Done Nothing Like That Before“ vom neuen, lang erwarteten Album JLife On Other Planets“ so richtig ms Zeug. Dieser Titel ist natürlich ein Witz, denn Sänger Gaz Coombes sieht zwar aus, als käme er vom Planet der Affen, aber jeder weißja, dass das Gestirn, auf dem Charlton Heston im gleichnamigen Film in ferner Zukunft landet, unsere gute alte Erde ist
6 Auf BEN KWELLERs zweitem Album „No Reason“ (sein erstes veröffentlichte er im Eigenverlag) singt zwar Kimya Dawson von den Moldy Peaches mit, Anti-Folk ist das aber keineswegs, eher verspielter Pop im Sinne von Ben Folds oder Beck. Seine Begeisterung für Musik hat Kweller übrigens von einem Freund seines Vaters, einem gewissen Nils Lofgren.
7 Manchmal streifen die Songs von THE TWO-MINUTE MIRACLE zwar knapp die drei Minuten, doch dass die Popwürze häufig in der Kürze steckt, beherzigen sie auf ihrem Album „Pblume Two“ allemal und spielen ihren Indie-Rock „auf den Punkt“. Dafür sind die Songritel ab und zu etwas länger als gewöhnlich, wie z. B. „My Heart Is Strong Like A Forester Ranger“ oder hier „Raymon Queen In A Nylon Dream“.
8 So gut die Lieder auf der vor einigen Monaten erschienenen Raritätensammlung „Sidetracks“ auch waren, ein „echtes“ neues STEVE EARLE-Album konnten sie nicht ersetzen. Nun folgt aber zwei Jahre nach dem Meisterstück,, Transcendental Blues“ endlich „Jerusalem „. Immer wieder erstaunlich, wie Earle verzaubern und überraschen kann, obwohl man die Ingredienzien seiner Musik -Blues, Country und Folk – schon so lange kennt. Als Songschreiber machen ihm nur noch Wenige was vor.
9 Gerne wird sie als italienische Antwort auf Alanis Morissette gehandelt, als hätte irgendwer die Courage, auf deren Hasstiraden noch zu antworten. ELISA ist auf ihrem selbstbetitelten vierten Album eine eigenständige Mischung aus Elektronika, TripHop und Dance-Pop gelungen, die mit dem lang gehegten Vorurteil aufräumt, Italien sei für den nächsten Sommerurlaub ganz okay, fiir Pop aber schon lange verloren.
10 Seit dem letzten UNDERWORLD-Studio-Album „Beaucoiip Fish “ sind mittlerweile drei Jahre vergangen. Produzent Darren Emerson sprang in der Zwischenzeit ab, was nichts Gutes ahnen ließ, denn erst mit ihm gelangen Rick Smith und Karl Hyde Meisterwerke wie „Dubnobasswithmyheadman“.
Man war gespannt. Ein großer Coup wie das Letztgenannte ist „A Hundred Days Off“ nicht geworden, aber der Underworld-Sound ist erstaunlich frisch und geht in Ohr, Hirn und Beine, wie „Trim“ hier eindrucksvoll beweist
11 In die Seele geht dagegen das neue TAHITI 80-A1bum „Wallpaper For The Soul“.
Für Franzosen etwas ungewöhnlich, sind die Stücke der Band aus Paris wieder stark britisch geprägt, ohne allerdings auf kalifornischen Folk, 70er-Jahre-US-Pop, jamaikanischen Dub oder Blue-Eyed-Soul zu verzichten. Klar fallen einem da sofort die wundervollen Orange Juice ein. Doch dazu sind Tahiti 80 eigentlich zu verhuscht Aber intelligent und melodieverliebt sind auch sie.
12 So grundverschieden die beiden Bands auch sind, treffen die genannten Attribute auch auf THE GET UP KIDS zu. Auch wenn sie sich auf ihrem mittlerweile dritten Album „On A Wire“ bemüht haben, nach ewig langen Tourneen andere Saiten aufzuziehen, bleiben sich die alten EmoCore-Helden treu. Wenngleich ihre Songs einige Ecken und Kanten ab auch Popfacetten hinzugewonnen haben.
13 Ein alter Held ist auch RODDY FRAME, ehemals Yorsteher der neben den bereits erwähnten Orange Juice wichtigsten schottischen Popband der 80er Jahre: Aztec Camera. Sein zweites SoloAlbunvSio/“, reduziert vorgetragen zur akustischen Gitarre, unterstreicht seinen Ruf, ein brillanter Songschreiber zu sein, der gar Vergleiche mit Elvis Costello nicht scheuen muss (ohne allerdings dessen Spieltrieb verfallen zu sein). Ein mildes, warmes Alterswerk.
14 Noch ein alter Bekannter: Cocteau Twin Simon Raymonde produzierte das Debütalbum „Moving Up Country“ von JAMES YORKSTON & THE ATHLETES. Herrlich verwoben spannen Gitarren, Geigen, Klarinette, Harmonika und Akkordeon einen lauschigen Raum für schottischen Folk zwischen Bert Jantsch und Anna Briggs auf. John Martyn engagierte Yorkston schon als Support Auch der große John Peel zeigte sich begeistert
15 Wie Yorkston ist auch KELLY WILLIS Traditionalistin – allerdings von der anderen Seite des Atlantiks, aus Austin, Texas. Shawn Colvin, Patty Griffin, und die Dixie Chicks fallen einem ein, wenn man ihr mittlerweile viertes Album JZasy“ hört Zu den versierten Gäste gehören unter anderem Alison Krauss, Chuck Prophet, Vince Gill und der Ex-Faces/Smaü-Faces-Keyboarder Ian Mc Lagan.