New Noises

Unsere „New Noises“ beginnen in diesem Monat mit einem sikalischen – und enden mit einem lyrischen Sturm. Dazwischen gibt es jede Menge kurze Gitarrenattacken, Melancholisches für kalte Winterabende, sonnige Popsongs zur Aufhellung des Gemüts und oben drauf einen Schuss Elektronik. Erschütternd und rührend.

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„Ein neuer Tag ist angebrochen, Brüder und Schwestern, und ,What A Waster‘ ist der Frühstücksshow-Jingle.“ So begrüßte der britische „New Musical Express“ die von Ex-Suede-Gitarrist Bernard Butlerproduzierte Debütsingleder LIBERTINES aus London. Dies war definitiv die britische Antwort auf die amerikanische Gitarrenpunkpop-Explosion der Strokes. Bringing it all back honte. Die schwindelerregende B-Seite der Single, „I Get Along“, gibt’s hier zu hören: ,4 get along singing my song/ People teil me I’m wrong/ Fuck ‚em!“ Letzteres fiel bei der guten alten BBC natürlich durch die Zensur und wurde fürs Radio rausgeschnitten, während die A-Seite aufgrund der zahllosen Unflätigkeiten gleich gar nicht gespielt wurde. „I Get Along“ nahmen die Libertines für ihr furioses Debütalbum „Up TheBracket“ übrigens noch mal auf – aber diesmal mit weitaus weniger Julian-Casablancas-Hall auf der Stimme und produziert von The Clashs Mick Jones. London calling!

2

Weniger New Wave als vielmehr gut gelaunter Power-Pop, aber nicht minder durchschlagend: THE BLONDES aus Los Angeles. Dir selbstbetiteltes Debütalbum ist erst ein paar Monate alt, da legen sie, pünktlich zur Tour, schon das nächste Werk vor: „Summer Strul“. Allzu viel hat sich im Vergleich zum Vorgänger nicht verändert, die Melodien sind vielleicht noch zwingender geworden, das Zusammenspiel der beiden Songschreiber, Sänger und Gitarristen Billy Dushba und Adam Siegel (früher mal beidenEels) noch strahlender. Ein wenig Sonne für den sonst so unwirtlichen Winter.

3

So allmählich wird das Punk-/ New-Wave-Revival tatsächlich zu einem globalen Phänomen: The Strokes aus den USA, The Libertines aus England, The Vines aus Australien und nun THE DATSUNS aus Neuseeland. Zu Hause noch relativ unbekannt, überschlug sich die britische Pop-Presse nach den ersten Gigs auf der InseL Dann dauerte es nicht mehr lange, bis die Plattenfirmen Schlange standen – und alle warteten gespannt auf die ersten Aufnahmen. Die erste Single „In Love“ und das Album „The Datums “ halten jedes Versprechen: Punk-infiziert mit einer Prise Glam zeigen sie, was passieren kann, wenn man seine Jugend hauptsächlich mit AC/DC-AIben beschallt hat.

4

In der R.E.M.-, Vic-Chesnutt- und B 52’s-Heimat Athens muss man wohl einfach Musik machen. THE MENDO-ZA LINE tun das jetzt schon seit 1995. Auf ihrem vierten Album „Lost In Revelry“ reihen sie 13 Indie-Gitarren-Pop-Perlen aneinander. Allerlei Gitarren, die rissigen Männer- und die becircenden Frauenstimmen ermöglichen ihnen dabei ein Spektrum von Sebadoh bis Mazzy Star, wobei die Balladen besonders glänzen. „ItTl Be The Same Without Ybu“ ist nicht etwa ein trotziges Lied über eine endende Liebe, sondern eine Aufforderung an ein frühetes Bandmitglied, doch bitte zu gehen.

5

in Zeiten der New-Economy wird selbst die elektronische Musik melancholisch. Mag auf dem dritten TURNER-Album „A Pack Of Lies“ aber auch daran liegen, dass dieser ein streckenweise ganz famoser Songschreiber ist, der sachte Beats unter warme Gitarre und zarte Stimme legt, als seien sie dafür gemacht Ein Seufzer nur. Zwei Jahre soll er an dieser Andacht gebastelt haben. Wenn das ein Bündel Lügen ist, will man die Wahrheit gar nicht wissen.

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Punk, New Wave, Folk-Rock, Elektronika – wenn es nicht so gut wäre, müsste man „The Better Button“, das erste Album der MINK LUNGS, wohl eklektizistisch nennen. Aber irgendwie macht dieser Stilmix Sinn-auch wenn man nicht immer das Gefühl hat, dass das auch gewollt ist. Das kreative Chaos scheint nicht zuletzt darin begründet, dass jedes der Bandmitglieder Songs beisteuert. Die vier kecken Musikstudenten sehen sich selbst vor allem als eine Mischung aus Pixies und Flaming Lips, tendieren aber doch sehr in Richtung der Letztgenannten aus der Zeit vor deren Pophöhenflügen.

7

Portishead, Everything But The Girl, Faultüne, Goldfrapp – das Modell DJ/ Produzent plus SängeH-in) erfreut sich immer wieder großer Beliebtheit. Im Fall von NOONDAY UNDERGROND sind das der DJ und Produzent Simon Dine (Ex-Adventures In Stereokind Daisey Martey. Paul Weller nannte Noonday Underground bei einer Umirage des „New Musical Express“ als „Most Influential Band Of All Time“. Da hat er bei aller Schönheit des neuen Albums „Surface Noise“, auf dem sie wieder gekonnt Easy-Listening, Elektronik und 60er-Jahre-Soundtracks verbinden, vielleicht doch ein bisschen übertrieben. Da er auf dem Album aber mitsingt, darf er das.

8

22 Jahre nach dem bis heute unerreichten Debüt Monarchie und Alltag“ und einige Monate nach Jürgen Teipels Dokumentation des deutschen Punk- und New-Wave „Verschwende deine Jugend“

folgt unter dem charmanten Titel „Knietief im Dispo“ das bereits zweite Comeback der FEHLFARBEN. Sie sind noch weniger Punk als damals, und Texte und Gesang von Peter Hein bleiben im deutschsprachigen Raum weiter einzigartig. Der Beweis ist hier zu hören: „Die kleine Geldwäscherei“.

9

Wenn man ihn hört, könnte man meinen, er käme direkt von der Westcoast, doch NORRIN RADD wohnt in Berlin. Wie schon auf seinem Debüt „Whert She Danced“belehnt er auf „Monsters And Angels“ perfekt Roger McGuinn, Tom Petty und Gram Parsons. Selbst Sid Griffin – wohl einer der Kenner der Westcoast-Szene schlechthin – schätzt bereits die Raddsche Songkunst. Griffin-Kollege Pat Mc Garvey von den Coal Porters tourte kürzlich gar mit ihm.

10 Die Post-Grungervon LlFEHOUSE stammen zwar von der amerikanischen Westküste, doch ihr dichter und stark polierter Sound lässt an einigen Stellen sehr an Live oder Matchbox Twenty denken. Der Frontmann und Songschreiber Jason Wade – eh ein eitler Geck – sieht seine Band über jeden Vergleich erhaben. Auch wenn sie den Rock nicht neu erfunden haben, muss man ihnen jedenfalls zu Gute halten, dass ihnen mit ihrem zweiten, von Pearl Jam-Stammproduzent Brendan O’Brien (der auch bei Springsteens „The Rising“ an den Reglern saß) produzierten Album „Stanley Climbfall“ ein für ihr Genre zeitgemäßes Werk gelungen ist, das auch die große Pose nicht scheut. So klänge vermutlich John Cougar Meilencamp, wenn er bei Creed vorstehen würde.

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„That’s it/ I gotta get out/ Before we fall out again“ – so beginnt GRAHAM COXON „Just Be Mine“ von seinem bereits vierten Album „The Kiss OfMoming“. Das könnte man auch als einen Kommentar zu seinem Ausstieg bei Blur verstehen. Doch er versichert, keiner der hier versammelten Songs über Schmerz und Trennung habe etwas mit seiner Ex-Band zu tun. Musikalisch ist das neue Album weitaus geschlossener als die Vorgänger-Werke. Die Instrumente spielte Herr Coxon wieder mal fast im Alleingang ein.

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Dass sich die beiden Berli-ner Bernd Jestram und Ronald Lippok (To Rococo Rot) von TARWATER mit dem Titel ihres neuen Albums „Dwellers On The „Threshold“ nicht auf den gleichnamigen Van-Morrison-Song beziehen, ist vom ersten Ton an klar. Sie bewegen sich in weit experimentelleren Gefilden, mischen Lo-Fi-Elektronik mit Gitarren. Mancher mag beklagen, dass viele der Stücke skizzenhaft bleiben, doch das macht gerade den Reiz des brüchigen Tärwater-Pops aus.

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SPOOKEY RUBEN ist ein Hans-Dampf in allen Stilrichtungen. Der in Deutschland aufgewachsene Kanadier hat von Speed-Metal bis Elektro-Pop schon alles gespielt, dreht seine Videos selbst, und seine Titelmelodie zu Götz Aismanns Show „Zimmer frei“ ist auch einem breiteren Publikum bekannt Auf den neuen Alben „Bed“ und „Breakfast“ finden sich Post-Pop-Perlen, die er unter anderem mit Mitgliedern von Tbrtoise einspielte.

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Am Ende der letzten J^erv «J; Noises“ dieses Jahres steht „Last Snowstorm Of The Year“ von LOW. Die Band aus Bob Dylans Geburtsstadt Duluth/ Minnesota ist spätestens seit ihrem letztjährigen epochalen „Things We Lost In The Fire“

jedem Melancholiker ein BegtiS.“Trust „knüpft bescheiden, aber bestimmt an den Ruhm des Vorgängers an und erkundet neues, unebenes Terrain.

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