Neu im Plattenregal: Die Alben vom 30. März 2012

Die Neuerscheinungen der Woche - wie immer mit Rezensionen, Videos und Streams. Diesmal u. a. mit dabei: Amadou & Mariam, Ian Anderson, Blood Red Shoes, Cowboy Junkies, Graham Coxon und die Wave Pictures.

In unserem beliebten Überblick der Alben der Woche reisen wir weiterhin durch die Plattenläden des Landes. Heute empfehlen wir einen Besuch bei VOPO Records, Danziger Str. 31 in 10435 Berlin. Alle Infos gibt’s auf www.vopo-records.de

Amadou & Mariam – „Folila“ (Because/Warner)
Sie waren mit Coldplay und U2 auf Tour, jammten mit Pink Floyd-Gitarrist David Gilmour, ließen sich von Smiths-Gitarrist Johnny Marr begleiten, waren Teil des von Damon Albarn initiierten Projektes Africa Express und traten bei der Vergabe des Friedensnobelpreises an Obama auf: In Musikerkreisen sind Amadou und Mariam aus Mali so etwas wie die Botschafter westafrikanischer Klänge und längst kein Geheimtipp mehr. Drei Sterne gibt es bei uns in der Rubrik Weltmusik: „Beim blinden Paar aus Mali gastieren unter anderen Santigold, TV On The Radio und Ebony Bones.“
>>>> Video zu „Wily Kataso“ (feat. Tunde & Kyp von TV On The Radio)

And Also The Trees – „Hunter Not The Hunted“ (Normal/Indigo)
Wie lange hat das jetzt eigentlich gedauert mit dem neuen Album von And Also The Trees? Müssten fünf Jahre sein. Simon Huw Jones singt und barmt und croonet jedenfalls wieder mit bewölkter Melancholie in der Stimme, während vor allem Justin Jones Gitarrenspiel für die passende Atmosphäre sorgt. Sehr gelungen ist „My Face Is Here In The Wild Fire“, das einen an die Tindersticks denken lässt.

Ian Anderson – „Thick As A Brick 2“ (EMM/EMI Music)
Es brauchte lange, aber nun erscheint „Thick As A Brick II“ – die Fortsetzung des Konzeptalbums von Jethro Tull von 1972, dessen Texte angeblich von einem frühreifen Achtjährigen namens Gerald Bostock (einem Alter Ego von Ian Anderson) verfasst wurden. Im aktuellen Heft erklärt uns Anderson, warum es nun die Fortsetzung gibt: „Ich finde Fortsetzungen furchtbar. ‚Rocky 7‘ und ‚Bat Out Of Hell 12‘ – schrecklich! Was mich aber getrieben hat, war die Frage: Was würde Gerald Bostock heute machen? Dem wollte ich nachgehen, und daraus ist dieses Album entstanden. Ich gehe mit ihm verschiedene Möglichkeiten durch: Gerald Bostock, der Polizist, der Politiker, der Banker und sogar Bostock, der Penner.“
>>>> Video: Making of des Albums
>>>> Video: Ian Anderson interviewt sich selbst zum neuen Album

Willis Earl Beal – „Acousmatic Sorcery“ (XL/Beggars Group/Indigo)
Der Antifolk-Musiker aus Chicago hat einen guten Lauf, seitdem man ihn im letzten Sommer im großen Stil entdeckte. Die Zeiten, in denen er obdachlos war oder als Nachtwächter jobbte, dürften der Vergangenheit angehören – liefern aber das Material für seinen erdigen, traditionellen, im besten Sinne angeschossenen Blues. Mittlerweile sah man ihn in diversen Hot Lists, Springsteen fragte an, ob er für den Europa-Teil seiner „Wrecking Ball“-Tour spielen wolle und selbst die GQ interessiert sich dank Beal auf einmal für den Blues. „Acousmatic Sorcery“ ist eine Songsammlung, die nicht leicht zu verdauen ist, gerne mal vom scheppernden Blues („Cosmic Queries“) zum ruhigen Antifolk („Evening’s Kiss“) springt und einen immer wieder denken lässt, Beal hätte mindestens drei verschiedene Gesangsstimmen auf Lager. Überzeugend ist das dennoch von vorne bis hinten, wie man im Albumstream hören kann.
>>>> Albumstream

Bear In Heaven – „I Love You, It’s Cool“ (Dead Oceans/Cargo)
Während die Musik des Trios aus Brooklyn sich auf Album Nummer drei weiter öffnet und poppiger wird, verweisen Bear In Heaven mit einer Aktion zum neuen Album gerne noch mal auf ihre experimentellen Wurzeln. So gibt es auf ihrer Website seit mehreren Monaten einen Stream des Albums – allerdings so verlangsamt, dass jede Sekunde ungefähr eine Stunde dauert und man kaum mehr hören kann als droniges Wimmern und Grummeln. Das Album, das es ab heute regulär gibt, zeigt dann, wie moderner Pop so klingen kann: Wuchtige Keyboards, spielerische Melodien, samtweicher hoher Gesang. Eine Mischung zu der man gerne sagt: „I Love You, It’s Cool.“
>>>> Albumstream
>>>> Clip zu „Sinful Nature“

Blood Red Shoes – „In Time To Voices“ (Cooperative Music/Universal)
So ganz überzeugt ist unser Rezensent leider nicht vom neuen Album des temperamentvollen Duos, wie man hier nachlesen kann.
>>>> Albumstream
>>>> Clip zu „Cold“

Cowboy Junkies – „The Wilderness – The Nomad Series Vol. 4“ (Proper/Rough Trade)
Da sind wir natürlich dran und dabei, wenn die Cowboy Junkies uns mit einer weiteren „Nomad Series“ beglücken! Die Review gibt’s hier.     

Graham Coxon – „A + E“ (Parlophone/Capitol/EMI)
Gleiches gilt für Mr. Coxon – die Review dazu finden Sie hier.
>>>> Albumstream
>>>> Clip zu „What’ll It Take“

De La Soul’s Plug – „First Serve“ (PIAS/Rough Trade)
Die beiden De La Soul Rapper (Plug 1/Pos & Plug 2/Dave) haben sich für ihr Projekt „First Serve“ mit dem französischen Produzententeam 2 & 4 (aka Chokolate & Khalid) zusammengetan, um die Geschichte ihrer Alter Egos Dean Whitter und Jacob Barrow rappend zu erzählen. Man hört schon raus, dass die beiden einst mit „3 Feet High And Rising“ Musikgeschichte geschrieben haben, selbst wenn das Rap-Meisterwerk aus dem Jahr 1989 stammt. „First Serve“ hat zwar noch den Geist und den Flow der Oldschool in sich, klingt mit seinem funkigen Klangbett aber alles andere als aus der Zeit gefallen.
>>>> Video: „Mrs. Whitter“
>>>> Video: Live-Performance des Albums bei BBC 6

Doctorella – „Drogen und Psychologen“ (Zick Zack/Indigo)
Drei Sterne gibt es in unseren Kurz-Reviews in der Aprilausgabe: „Kerstin und Sandra Grether kennt man als Pop-Autorinnen und soziokulturelle Riot-Girls, jetzt haben sie eine Band gegründet, die wie eine Koop aus Slits und Strokes klingt: romantisch und garstig, direkt aus der Raucherecke zwischen Indie-Disco und Diskurskeller. Songs über Wahnsinn, Gesellschaft und Mädchenfantasien, die sicher nicht jedem gefallen, aber zur interessantesten deutschen Frühjahrsmusik gehören.“
>>>> Video-Bandportrait
>>>> Clip zu „Liebe Stadt (Komm, fang mich auf!“)

Killing Joke – „MMXXII“ (Cooperative Music/Universal)
Seit 2008 sind die Industrial-Pioniere und Wahnvertoner von Killing Joke schon wieder im Original-Line-up zusammen. Nun stellen Jaz Coleman, Geordie, Youth und Big Paul ihr neues Album „MMXXII“ in die Regale. Und das dürfte alte Killing Joke Verehrer erfreuen, wirft sich Coleman doch wieder in Voodoo, Wahn und Paranoia, nicht selten gemischt mit einer düsteren Gesellschaftskritik.

La Sera – „Sees The Light“ (Hardly Art/Cargo)
Hinter La Sera verbirgt sich Katy Goodman von den Vivian Girls, die hier in zehn ganz offensichtlich eine Trennung verarbeitet und in den bittersüßen Songs zwischen Garage und Shoegaze eigentlich nur selten Licht sieht. Klingt aber gerade in dem Zusammenspiel von versöhnlichen Melodien und unversöhnlichen Gedanken sehr spannend und ist sicher nicht nur für Vivian Girls-Verehrer interessant.
>>>> Clip zu „Please Be My Third Eye“

Lostprophets – „Weapons“ (Epic/Sony Music International)
Die Waliser im Ian Watkins wirken immer noch ein wenig wie Kerrang!-Posterboys, was allerdings eher an ihrer Optik, als an ihrem Sound liegt. Denn der ist immer noch recht wuchtig, wie schon „Bring Em Down“ bewies. Ändert aber nix an der Frage, ob man einen Bastard aus Crossover, Hardcore, Emo und Prodigy-Elektronik heutzutage wirklich noch braucht.
>>>> Clip zu „Bring Em Down“
>>>> Albumstream

Mairi Morrison & Alasdair Roberts – „Urstan“ (Drag City/Rough Trade)Man braucht einen kundigen Radiomoderator, um die Songs von „Urstan“ anzusagen. Die heißen nämlich schon mal „Mìle Marbhphaisg Air a’ Ghaol“ oder „Am Faca Sibh Lilidh Tha Mise Ri Lorg?“. Auf „Urstan“ versammelt der schottische Songwriter Roberts gemeinsam mit Mairi Morrison „‚lost‘ Gaelic songs“, wie Roberts sie nennt. Es ist den beiden zu verdanken, dass hier nix angestaubt klingt, obwohl die Songs bisweilen ein paar hundert Jahre auf dem Buckel haben.
>>>> BBC-Review samt Albumplayer

Timid Tiger  – „The Streets Are Black“ (Papercup/Indigo)
Wer bei Timid Tiger an verspielten Seifenblasen-Pop und Songs wie „Tiger Is Not A Bird“ odr „Miss Murray“ denkt, wird von neuem Album „The Streets Are Black“ nicht unbedingt enttäuscht, aber in jedem Fall überrascht sein. Denn, wie der Titel schon andeutet, haben sich die fünf Kölner für die neuen Aufnahmen aus dem städtischen Park hinaus in die schattigen, manchmal düsteren Seitenstraßen gewagt. Ergebnis dieser Exkursion sind deutlich ernsthaftere, aber auch experimentellere zwölf Songs, getrieben von dem ruhig pochenden Beat, der Spannung zwischen hell und dunkel und Keshay, der die Lyrics einmal mehr eher spricht als singt. (Miriam Mentz)
>>>> Clip zu „Miracle“

Turntablerocker – „Einszwei“ (Casablanca/UDR/Universal)
Um die Jahrtausendwende lieferten Michi Beck und DJ Thomilla den perfekten Soundtrack für die Afterwork-Partys der New Economy. Nicht dass man Hits wie „No Melody“ zuletzt wirklich vermisst hätte. Aber jetzt, da die Turntablerocker wieder da sind, muss man ganz klar sagen: Sie rocken immer noch. (Max Gösche / Jörn Schlüter)

>>>> Teaser zu „Einszwei“
>>>> Clip zu „Alles auf die 303“

Wave Pictures – „Long Black Cars“ (Moshi Moshi/Rough Trade)
Großes Album aus kleinem Kaff: Die britische Band bezaubert mit Möwen und magischem Realismus.“ Dieses Fazit zieht Maik Brüggemeyer leider erst in der Mai-Ausgabe und vergibt satte viereinhalb Sterne.

Y’akoto – „Babyblues“ (Warner)

Jennifer Yaa Akoto Kieck aka Y’akoto hat mit „Babyblues“ ein Debütalbum aufgenommen, das sich mit „kosmopolitischer Unaufgeregtheit zwischen Hamburger Hafen und afrikanischer Seele bewegt – mit noch großem Entwicklungspotential“ schreibt Stefan Franzen. Die vollständige Review gibt es hier.
>>>> Clip zu „Diamonds“

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