Nena: Debütalbum kommt als fette Deluxe-Version
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Im Januar 1983 veröffentlichte Nena ihr Lied „99 Luftballons“. Die Idee von roten Ballons, die von West-Berlin aus über die Grenze in den Osten fliegen und dort einen Alarmzustand auslösen, brachte die Kalte-Kriegs-Paranoia auf den Punkt. Platz 1 fast überall in Europa, Nummer 2 in den USA, und in einer englischsprachigen Version die begehrte Nummer-eins-Platzierung im Vereinten Königreich.
In welchem anderen Jahr außer 1983 hätte ein derartig globaler Sieges-, nein Friedenszug einer Hagener Sängerin funktionieren können?
Das Nena-Debütalbum feiert nun sein 40. Jubiläum und erscheint in erweiterter Auflage. Auf der 1983er-Platte sind auch Singles wie „Nur Geträumt“ und „Leuchtturm“ enthalten.
In der Pressemitteilung erzählt Nena von der Entstehung von „99 Luftballons“: „Die Vision für das Lied hatte unser Gitarrist Carlo Karges, als wir mit der Band 1982 in einem Rolling Stones-Konzert in Berlin waren. Am Ende der Show ließen die Stones Ballons hochsteigen, die der Wind Richtung Mauer, Richtung DDR trug. Carlo hat sich bei diesem starken Bild damals die Frage gestellt, was alles passieren könnte, wenn das jemand falsch versteht. Noch in derselben Nacht schrieb er den Text, zeigte ihn mir am nächsten Tag im Proberaum. Schon beim Lesen der Zeilen liefen mir Schauer über den Rücken, und ich wollte das sofort singen. Ab dann war das nicht mehr aufzuhalten. Und solange ich auf der Bühne bin, wird es kein Nena-Konzert ohne die Luftballons geben.“
Das Remaster (CD, Vinyl) enthält einen zweiten Longplayer mit unveröffentlichten Material. Darunter „Amour Candide“, eine 1983 auf Französisch gesungene Version von „Nur Geträumt“, weiterhin B- Seiten und Live-Tracks von Nenas Konzerten im Jahr 1984.
NENA – „Remastered and Selected Works“ erscheint am 1. November 2024.
21. August 1982: Nur abgeräumt – Nena startet im „Musikladen“ eine beispiellose NDW-Karriere
So eine Karriere hatte Gabriele Susanne Kerner sich bestimmt niemals träumen lassen – damals, als sie im Büro von Jim Rakete die Fanpost der Gruppe Spliff bearbeitete. Doch ein Auftritt in der ARD-Sendung „Musikladen“ genügte, und Nena war der erste (und eigentlich auch einzige) wirklich große Star der NDW. Am 21. August 1982 sang sie im knallengen, knallroten Leder-Mini und mit den üblichen 80er-Jahre-Accessoires (Kreolen, Schweißbänder, Haarspray) das Liebeslied „Nur geträumt“, das bereits zwei Monate zuvor veröffentlicht worden war …
Die Neue Deutsche Welle war mit Bands wie DAF, Fehlfarben oder Trio ebenfalls schon angerollt, aber keine andere Band sollte dermaßen breitflächigen und relativ langanhaltenden Erfolg haben wie Nena. Nena war eine Band, das zu behaupten wurde Nena, das Mädchen, nicht müde. Immer wieder wies sie darauf hin. Auch, als Nena 1983 mit „99 Luftballons“ weltweit in die Hitparaden stiegen, was tatsächlich vor allem das Verdienst von Keyboarder Uwe Fahrenkrog-Petersen war, der alle großen Hits von Nena komponierte. Schlagzeuger Rolf Brendel war zunächst eher als Nenas Freund bekannt, Gitarrist Carlo Karges und Bassist Jürgen Dehmel gaben sich mit Rollen im Hintergrund zufrieden. So war es doch meist Nena, die Sängerin, die im Rampenlicht stand. 54-mal zierte sie den Titel der „Bravo“ und ließ locker alle anderen NDW-Stars hinter sich.
Es lag an ihrer natürlichen Ausstrahlung, sagen Bewunderer wie Johannes B. Kerner (und er meint damit nicht die Achselhaare, die damals halt noch Standard waren) und an dem Selbstbewusstsein, mit dem sie alle Kritiker ignorierte. Auch gelang es Nena, diese flotten Popsongs so lässig zu singen und zwischendurch dermaßen laut Luft zu holen, dass man glatt vergaß, nach dem Sinn mancher Verse zu fragen.
Unvergessen bleibt „Nur geträumt“ auch durch jugendlich hirnverbrannte Zeilen wie: „Alles was ich an dir mag, ich mein das so, wie ich es sag/ Ich bin total verwirrt/ Ich werd‘ verrückt, wenn’s heut passiert…“ 1987 brach Nena, die Band, zusammen, doch Nena, die Sängerin, kam – wiederum mit Hilfe von Fahrenkrog-Petersen – 2002 zurück, nervt seitdem gern als Übermutter, Freizeitpädagogin und Querdenkerin, hat sich aber als bekannteste deutsche Sängerin ins kollektive Gedächtnis der Deutschen gebrannt. In Kerners ZDF-Sendung „Unsere Besten – Musikstars aller Zeiten“ kam sie auf Platz fünf – hinter Grönemeyer und Maffay zwar, aber immerhin noch vor Ludwig van Beethoven.