Neil Young: Die politische Aura von „Rockin‘ In The Free World“
Tim Walz spielt den Song beim Parteitag der US-Demokraten. Der Meister gibt sein persönliches OK. Wenn das Donald Trump wüsste
Tag Drei beim DNC, dem Parteitag der Demokraten in Chicago. Bevor heute zum Abschluss der Wahlkampf-Convention die neue Präsidentschaft-Kandidatin Kamala Harris in den Ring steigt, hat der designierte Vizepräsident Tim Walz eine kämpferische Rede gehalten. Er betrat die Bühne im United Center, der Spielstätte des Basketball-Teams Chicago Bulls, zu den Klängen von Neil Youngs ikonischer Hymne „Rockin‘ in the Free World“.
Der Song gilt als einer der Lieblingssongs von Walz, und er wandte sich zuvor an den knorrigen Meister, um eine Freigabe zu bekommen, diesen vor seiner Rede beim DNC verwenden zu dürfen. Wie der Fernsehsender CNN am Mittwochabend berichtete, hat Young der Bitte persönlich entsprochen.
Ein Auswahl mit Strahlkraft. Popsongs und Bekenntnisse von Popstars werden in der politischen Arena der USA stets mit großer Aufmerksamkeit verfolgt. Und „Rockin‘ In The Free World“, dessen Aussage man auch leicht falsch auslegen kann, ist ein ganz besonderer Fall.
Denn „Rockin’“ gehört zu den vielen populären Songs, die auch Donald Trump im Laufe der Jahre eingesetzt hat. In den meisten Fällen ohne die Erlaubnis der MusikerInnen. Trump hat den Song erstmals nach der Ankündigung seiner ersten Präsidentschafts-Kandidatur im Jahr 2015 verwendet, was Young damals vehement ablehnte. Trotz wiederholter Unterlassungsklagen wurde der Song in den folgenden Jahren weiterhin im Trump-Wahlkampf gespielt.
Vier Jahre später verwendete Trump den Song bei zwei verschiedenen Wahlkampfveranstaltungen – darunter die maskenfreie Kundgebung in Tulsa, Oklahoma, am 20. Juni, die wahrscheinlich zum Tod des Republikaners und Trump-Kumpel Herman Cain durch COVID-19 nur zehn Tage später führte. Im Jahr 2020 reichte Young schließlich eine Klage wegen Urheberrechtsverletzung gegen Trump ein.
„Rockin‘ in the Free World“, das ursprünglich 1989 auf Youngs Album „Freedom“ erschien, ist eine Protesthymne, die von der Politik der Reagan-Ära und der Desillusionierung über den amerikanischen Traum inspiriert wurde. Ähnlich wie Bruce Springsteens „Born in the U.S.A.“ wird sie oft als einfache patriotische Hymne fehlinterpretiert. Der Song steht jedoch für eine kritischere Form des Patriotismus. Die Nation wird in Frage gestellt und herausfordert.
Kamala Harris nutzt bekanntlich „Freedom“ von Beyonce als Wahlkampfsong, nachdem die Verwendung vorher geklärt worden ist. Mit der Trump-Kampagne liegt Beyonce dagegen überkreuz und drohte mit rechtlichen Schritten, nachdem dessen Lager den Song in einem Trump-Clip erwendet hatte. Das Video wurde daraufhin entfernt.
In Chicago lief zudem ein großes Staraufgebot in verschiedenen Rollen auf. Moderatorin und Schauspielerin Oprah Winfrey forderte die Delegierten am Rednerpult auf der Wahrheit zu folgen. „Let us choose joy“ empfahl sie den Wechselwählern. Auch John Legend, Sheila E und Stevie Wonder waren in der Halle in Chicago.