Neil Young And Crazy Horse: So war der Tourauftakt in Albuquerque
US-Kollege Andy Greene war für uns beim Tourauftakt von Neil Young und Crazy Horse in Albuquerque am Freitag, wo die Herren gar ein paar neue Songs spielten. Hier gibt's den Nachbericht samt Galerie.
Das offizielle T-Shirt zur US-Tour von Neil Young And Crazy Horse ist mit den Worten „Equal parts past, present and future“ bedruckt. Das ist nicht bloß ein leerer Slogan. Während des furiosen zweistündigen Sets im Hard Rock Pavilion in Albuquerque tauchten Neil Young und Crazy Horse tief ein in ihren an Klassikern nicht armen Back Katalog. Aber sie ließen ebenso viel Raum für das Material von Youngs kommenden Abum mit Crazy Horse – das vermutlich noch in diesem Jahr die Plattenläden erreichen wird. Lediglich das Wort „present“ wirkte am Ende deplaziert – es wurde nämlich nur ein Song vom aktuellen Folk-Cover-Album „Americana“ gespielt.
Die meisten Künstler von Youngs Kaliber würden es nicht wagen, ihr Publikum mit so vielen Songs zu konfrontieren, die sie noch nicht kennen können – aber Young hatte schon immer das tiefe Vertrauen in seine Fans, dass sie ihm folgen, wohin auch immer er aufbricht. Als er 2003 das letzte Mal mit Crazy Horse auf Tour war, mag er das ein wenig überrissen haben, als er das Publikum durch seine Rock Oper „Greendale“ schickte, die erst zwei Monate später erscheinen sollte. Die drei Oldies, die er damals noch eben als Zugabe spielte – vermochten es nicht, all jene ruhigzustellen, die später grummelten, sie wären über den Tisch gezogen worden.
Nun denn, diese Show verließ niemand mit Beschwerden auf den Lippen. Die Band enterte um 21 Uhr die Bühne, klopfte sich auf die Schultern und wärmte sich mit einem 13-minütigen Jam von „Love And Only Love“ aus dem Jahr 1990 auf. Es war ihre erste gemeinsame Show seit über acht Jahren (die längste Pause in den 43 Jahren, die sie zusammenspielen) – aber eingerostet wirkten sie in keinem Moment. Young, Bassist Billy Talbot, Gitarrist Frank „Poncho“ Sampedro und Drummer Ralph Molina waren von der ersten Minute an drin und ließen den Song mit ohrenbetäubenden Feedbacks und Verzerrungen aufheulen. Es ist ein kontrolliertes Chaos, in das sich Young und sein Band da hineinspielen, und es war wundervoll, Young mal wieder dabei zusehen zu dürfen – lange genug hat es ja gedauert.
Es folgte „Powderfinger“ von „Rust Never Sleeps – und es sah zuhnächst aus, als sollte es eine Greatest Hits Show werden, aber dann schlugen sie den ersten Haken. Es begann mit einem brandneuen Song, der vermutlich „Ontario“ heißt – eine nostalgische Reise durch Youngs Leben mit dem Refrain „I was born in Ontario“. Je älter Young wird, desto mehr scheint er auf seine jungen Jahren zu schauen, um Inspiration zu finden.
Der Titel des nächsten Songs war unverständlich – es könnte „Walk Like A Giant“ gewesen sein – aber er begann und endete mit Young und Sampedro, die gemeinsam ins Mikro pfeifen. Einer der kraftvollsten Songs, die Young seit Jahren geschrieben hat. Der Feedback-Ausklang dauerte fast fünf Minuten, mit einem Molina, der wie ein wütender Krieger auf sein Drumkit einschlug. Wir hoffen, der Rest des neuen Albums kann mit dieser Nummer mithalten!
Crazy Horse verließen die Bühne, als ein Roadie Young eine Aktustikgitarre reichte. Young spielte eine Singalong-Version von „The Needle And The Damage Done“ und einen neuen Song über den Moment, als er zum ersten Mal „Like A Rolling Stone“ von Bob Dylan gehört hat. „Poetry rolling off his tongue like Hanks Williams Jr. bubblegum“, sang Young, „Asking me, ‚How does it feel?'“ Die Band kehrte zurück mit Poncho am Keyboard, um den verrückt-obskuren Studio-Outtake „I Wonder Why“ von 1981 zu spielen. Es wirkte ein wenig schlaff. Es folgte ein weiterer eher mauer Song, bevor sie die Menge mit einem kurzen aber wundervollen „Cinnamon Girl“ wieder packten.
Spätestens jetzt war die Band in voller Flamme – und die erlosch erst am Ende der Show. „Fuckin‘ Up“ war der absolute Wahnsinn, und sie wirkten wie im Rausch, als sie mit überschlagender Stimme immer wieder „Just a fuck up!“ bellten. Young rief dann „Buffalo Springfield!“, bevor er ein intensives „Mr. Soul“ zum Besten gab, gefolgt vom unvermeidlichen „Hey Hey, My My“. Poncho mag ein wenig zugelegt haben seit der letzten Tour, aber hier sprang er herum wie ein aufgedrehter Teenager und grinste bis über beide Ohren. Neil sah wie besessen aus, als er vornübergebeugt ein Solo nach dem anderen raushaute und seine berühmtesten Line in die Welt schrie: „It’s better to burn out than fade away.“
Am Bühnenrand sah man die ganze Nacht ein Piaono unter eine großen Lampe stehen, aber seltsamerweise ging Young nie in seine Nähe. Stattdessen eröffnete er die Zugabe mit „Jesus Chariot (She’ll Be Coming Round the Mountain)“, bevor er mit „Roll Another Number“ den Sack zu machte. Der Song aus dem Jahr 1973 handelt davon, die Vergangenheit zu ehren aber hinter sich zu lassen – es war der perfekte Abschluss für diese Show.
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