Nancy Wilson von Heart findet es absolut peinlich, jetzt Amerikanerin zu sein

Die Gitarristin der Classic-Rock-Legende zur Lage in den USA: „Es ist schlimmer denn je“

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Die Schwestern Ann und Nancy Wilson, die seit Jahrzehnten den Kern der Classic Rock Band Heart aus Seattle bilden, ringen mit dem Zustand ihres Heimatlandes. Es sei schwieriges Verhältnis, und das nicht erst seit Heute.

Ihre frühe Jugend stand im Zeichen des Engagements gegen den Krieg in Südostasien. Nun sei ein neuer Tiefpunkt erreicht, sagt Nancy Wilson im Gespräch mit dem „Milwaukee Journal Sentinel“.

In der Regionalzeitung ließ die Gitarristin die Politik der Vereinigten Staaten vor ihrem geistigen Augen Revue passieren. Als junge Frauen veröffentlichten Heart im Jahr 1975 den Abrechnungs-Song „Crazy On You“, in dem sie ihre Frustration über Napalm und Sprengbomben in Vietnam ausdrückten.

Gegen die Macho-Kultur

Mit dem Abstand der Jahrzehnte schlägt Nancy Wilson (71) eine Brücke ins Jetzt: „Damals haben wir uns geschämt, uns als Amerikanerinnen zu bezeichnen, wegen der schmutzigen Politik rund um diesen Krieg. „Heute ist es, um das mal so subtil wie möglich auszudrücken, weitaus schlimmer geworden!“

Die Heart-Schwester wurden in ihrer Erfolgszeit in der alten Bundesrepublik kaum als „politische Band“ verortet. Sie waren eher für Classic-Rock-Hits aus dem Radio bekannt. Doch selbst in ihrem 1977er-Erfolgssong „Barracuda“ haben sie gegen die Macho-Kultur ausgeteilt. In der originalen Lyrics ging es um einen „echt fiesen Schmierlappen in Satinjacke“, so Wilson.

In der aktuellen schmierigen Milliardärs-Kultur mit ihrer unverblümten Grabsch-Mentalität wäre dieser Klassiker noch relevanter, findet Wilson. Ein Seitenhieb auf die „Grab them at their pussy“-Tirade von Donald Trump, der damit prahlte, eine verheiratete Frau aggressiv bedrängt zu haben. Schließlich wäre für einen Star wie ihn alles möglich. Die „Washington Post“ veröffentlichte den Ausfall 2016 im O-Ton.

Gegen die Unterdrückung durch fiese, alte reiche weiße Männer

Auf die Frage, wie es um den Sexismus einst (wie in „Barracuda“ verarbeitet) und jetzt stehe, bleibt Nancy Wilson dennoch optimistisch. Gerade für Frauen im Kulturbereich werde das Pendel wieder zurückschlagen. „In eine neue Renaissance, die sich gegen die Unterdrückung durch fiese, alte reiche weiße Männer wehrt. Ich hoffe, dass ich noch da bin, um diese nächste Revolution zu erleben.“

Heart mussten 2024 ihre bereits fest terminierte Tournee absagen, nachdem bei Ann Wilson (74) im Juli 2024 eine Krebs-Wucherung festgestellt worden ist. Es folgte eine Operation mit anschließender Chemotherapie. „Meine Ärzte haben mich angewiesen, den Rest des Jahres der Bühne fernzubleiben, damit ich mich vollständig erholen kann“, teilte sie damals via Instagram mit.

Nun sind beide Schwestern wieder schwer in Aktion. Die verschobene US-Tour läuft noch bis zum 16. April, weitere Konzerte dann im Sommer. Neue Europa-Daten sind aktuell nicht terminiert.