Nach einigen erratischen Episoden begaben sich Weezer an die Basis und baten prominente Helfer ins Studio.
Das Ohr an der Basis: Im Vorfeld ihres neuen Albums „Raditude“ veranstalteten Weezer sogenannte Hootenanny-Konzerte, bei denen zum Teil 300 Weezer-Fans gemeinsam mit der Band deren Lieder spielten. Workshops und Online-Tutorials begleiteten die Graswurzel-Happenings, die vermutlich nicht zuletzt dazu da waren, Rivers Cuomo wieder in Kontakt mit seinen Fans zu bringen. 15 Jahre habe er beim Gitarrespielen nur auf seine Schuhe gesehen, sagt der Weezer-Frontmann, jetzt hat er den Kopf gehoben. „Ich wollte eine Platte für die Fans machen“, erklärt Cuomo den Umstand, dass „Raditude“ an die früheren Werke anknüpft. Tatsächlich setzen Weezer die Brille der Gen-Y auf und leihen ihre Stimme den high school kids der Neunziger, also ihrer Kernzielgruppe.
Doch Cuomo spielt nicht den Berufsjugendlichen, sondern mischt das eigene mittlere Alter in die Texte. Die Musik dazu ist vintaee Weezer – 50sPop, 70s-Arena-Rock und Glam-Riffs, alles effizient komponiert und scheinbar arglos. „Es ging bei Weezer ja nie darum, hip oder trendy zu sein – wir wollten zeitlose Poprock-Songs schreiben wie die Beatles, die Kinks oder die Beach Boys. Dass wir über die Jahre populär geblieben sind, hat vermutlich viel damit zu tun. Wir stehen auf dem Fundament von 60s-Musik mit guten Vibes.“
Die guten Vibes waren Weezer zwischendurch abhanden gekommen. In den letzten Jahren drehte sich die Berichterstattung größtenteils um das erratische Benehmen Cuomos, der seine Neurosen öffentlich pflegte und zunehmend wunderlich wirkte. Diese innere Anspannung ist freilich stilbildend für Weezer und ein Grund für ihren Sonderstatus – insbesondere Cuomo ist nicht der College-Rock-Kumpel von nebenan, sondern einer, der auf der Bühne immer ein anderer bleibt. Spaß und Irritation, gute Vibes und Entfremdung: Weezer sind eine Band mit doppeltem Boden.
Dass es ihm persönlich jetzt viel besser gehe, hat nicht zuletzt mit Rick Rubin zu tun, für eine Weile der Produzent von Weezer. Rubin, eher Buddha und Mentor als Toningenieur, überzeugte seinen Klienten von Meditation und spiritueller Praxis. Eigentlich nichts Neues für Cuomo, der in einem Ashram in New England aufwuchs und später immer mal zur inneren Einkehr zurückkehrte. Und doch schließt sich hier ein Lebenskreis, ein paar Monate vorm 40. Geburtstag. „Ich war eine Weile weg von der Meditation, aber jetzt bin ich wieder da. Mein Leben ist ruhiger geworden, aber gleichzeitig kreativer. Ich habe viel gute Energie – diese Energie an die Fans weiterzugeben, darum geht es auf dem Album.“
Beim Songwriting für „Raditude“ spielen wiederum die eingangs erwähnten Hootenanny-Tourneen eine Rolle. Cuomo wollte hinterher nicht mehr im stillen Kämmerlein schreiben. Und ging deshalb zu diversen Autoren, unter anderen Jermaine Dupri und Lil‘ Wayne, mit denen er das R&B-informierte „Can’t Stop The Partying“ komponierte. Gute Idee? „Es war eine sehr intensive Zusammenarbeit, weil die beiden natürlich einen total anderen Hintergrund haben. Ich habe mich ziemlich anstrengen müssen, um das für mich zu übersetzen und einen Song daraus zu machen, der in die Weezer-Welt passt.“