Nach bewährtem Rezept: Neues von den ÄRZTEN
Nichts gegen die Ärzte. Die haben nie Inhalt proklamiert, immer nur das Gegenteil – wüsten Niedersinn über Geschwisterliebe und 2000 Mädchen und das Küssen und die Pickel und das Leben als Mofa oder als Überlebender zwischen Mofa und Kuß und all dem Rest. Leichte Musik für keine leichte Zeit, nicht mehr.
Daß sie damit Erfolg hatten und haben, mag erstaunen. Aber gegen Erfolg gibt es nichts zu sagen. Ist das nun Kapitalismus? Gegenfrage: Kaufen Sie nicht auch bei Ikea? Die Ärzte sind Deutschlands einzige und wichtigste Punk-Band. Wenn Campino lamentiert, daß die heutige Punk-Generation „ja ganz okay, aber zu 100 Prozent sinnentleert“ sei, so möchte er nur suggerieren, daß er und seine Opelgang mal irgendwann „Sinn gemacht“ haben.
Die Ärzte haben schon wieder keinen Sinn, dafür aber schon wieder eine neue Platte gemacht. Sie heißt „Le Frisur“ und ist ein Konzept-Album über Haare. Was nicht weiter von Bedeutung ist. Aber daß die Ärzte all dies immer noch und immer perfekter duchexerzieren, bis an ihr Lebensende auf Tournee zu sein scheinen, immer noch in vielminütigen Ansagen sich verstricken und dabei T-Shirts mit der Aufschrift „Terror“ tragen und „Wir sind die Coolsten“ nicht nur denken, sondern bedenkenlos ständig herauströten, vor keiner Schmalpointe haltmachen – das hat Größe. Und ihre Tournee nennen sie „Voodoo Lounge ’96“.