mut muss sein: Auf der Suche nach „„Nicht-Momenten“ fanden die Briten von HAVEN spontanen, schwelgerischen Rock
Es geht was in Great Britain: Vega 4, Crackout, Vex Red und eine ganze Reihe anderer stilistisch erstaunlich heterogener Rockbands bringen zurzeit ihre ersten Platten an den Start und schicken sich an, die von den wenigen Superstars bestimmten Hierarchien ein bisschen flacher zu machen. Zu den viel versprechenden Debütanten gehören auch die in Manchester beheimateten Haven. Die vier Twens machten mit ein paar kaum beworbenen Singles landauf, landab von sich reden und haben nun also genug Anlauf für den großen Sprung.
Der gute Start ist nicht zuletzt einem Mann zu danken: Smiths-Liedschmied Johnny Marr fand früh Gefallen am schwelgerischen Gitarrenrock der damals noch in der Provinz Cornwalls lebenden Youngsters und übernahm die Rolle des Produzenten. „Das Faszinierende an ihm ist, dass er dir nicht das Gefühl gibt, klein und unbedeutend zu sein“, berichtet Haven-Gitarrist Nat Wason über die Arbeit mit der Ikone, „sondern dir hilft, über dich selbst hinaus zu wachsen.“ Für ihr Debüt „Between The Senses“ begnügten sich Haven nicht damit, bloß das in den ersten Jahren des Bestehens ausgereifte Live-Set aufzunehmen. Nur sechs fertige Lieder hätten sie mit ins Studio gebracht, sagt Sänger/Gitarrist Gary Briggs. „Halt die potenziellen Singles“, murmelt er verhalten und hätte ohne den sanften Druck der Plattenfirma wohl selbst die zur Disposition gestellt. „Wir wollten eine Platte aufnehmen, wie sie Jefferson Airplane oder Buffalo Springfield in den Siebzigern gemacht hätten“, erklärt er, „Platten, die den Moment einfangen, anstatt aufwändige Kunstprodukte zu schaffen.“
Als die Pflicht getan war, ließen sich Haven unter der Regie Marrs treiben und entwarfen in bloß zwei Wochen eine halbe Platte aus einzelnen Fragmenten und spontanem musikalischen Miteinander. Für Debütanten ein mutiges Vorgehen. „Wir sind immer auf der Suche nach diesen Nicht-Momenten, wenn alles ganz Musik ist und dir der Kopf frei geblasen wird“, formuliert Gary das Credo. Haven haben wie viele junge Kollegen kein Interesse an spektakulär zur Schau gestellten Attitüden, sondern ziehen sich zurück ins Private des eingeschworenen Miteinanders. Wer will, erkennt darin die späte Frucht all jener Bands, die vor ein paar Jahren dem Britpop ein Ende machten und ihre Musik mit weniger stolzen Gesten entwarfen als Oasis, Blur und all die anderen Rock’n’Roll-Pfaue. „Ich weiß noch genau, als ich mir The Verves ‚Bittersweet Symphony‘ gekauft habe“, erinnert sich Gary. „Wir haben zu Hause gesessen und all die raffiniert produzierten Gitarrenwände bewundert, aber wir wussten sofort: Das ist jetzt vorbei.“