F.S.K. & David Lowery – Unorthodoxe Alliierte
Musikalisch durch Kontinente getrennt, hat die Münchner Band F.S.K. in Cracker-Kopf David Lowery einen unorthodoxen Alliierten gefunden.
Bereits von ihrem ersten Album an war ich Fan von Camper Van Beethoven, David Lowerys zweiter Band nach Estonian Goucho. Als Radio-DJ lernte ich David zur Zeit des großen „Key Linie Pie“-Albums kennen. Schon damals zog sich ein Riß durch die Band, deren Reiz besonders in dem Dualismus zwischen freakiger Instrumentalarbeit und Davids eher lyrischen Singer/Songwriter-Qualitäten gelegen hatte. Mittlerweile hatte sich David ziemlich durchgesetzt: Der Rest begann, Sezessionspläne zu schmieden. So konnte ich mich 1989 im Interview mit David gut auf den Nenner „Pop“ einigen, während die anderen Progressive-Rock-Positionen bezogen, die sie dann auch bald mit den Monks Of Doom verwirklichen sollten.
Als Camper 1990 auseinandergebrochen waren, erhielt ich einen langen Brief von David, in dem er mir anbot, das nächste F.S.K.-Album zu produzieren; er hatte in unserer eklektischen Arbeitsweise viele Parallelen zum Camper-Ansatz erkannt. Nachdem wir mit F.S.K. in der zweiten Hälfte der 80er Jahre überwiegend in England gewirkt hatten, fanden wir es sofort aufregend, auch in den USA arbeiten zu können. Zumal wir damals einen ästhetischen Ansatz verfolgten, der das Deutsche nur über die transatlantische Brechung erträglich und operabel machte.
David hatte gerade begonnen, mit seinem Pal Johnny Hickman das Konzept Cracker zu entwickeln: musikalisch weniger exzentrisch, songorientierter, kommerzieller als Camper. Gleichzeitig begann er aber, die anarchisch wildernde Arbeitsweise seiner Ex-Band zu vermissen und projezierte alle derartigen Visionen in die „weirde“ F.S.K.-Band from Germany. Als wir im Herbst 1990 in Richmond/Virginia landeten, wo David mittlerweile lebte, stand er mit dem alten Dodge, den er für uns gekauft hatte, am Flughafen, hatte eine Wohnung für uns requiriert und ein altes Studio, in dem der geniale Ingenieur John Morand arbeitete. In wenigen Wochen entstand, von David katalysiert, unser Album „Son Of Kraut“. Nach einem Gig in einem lokalen Club erklärte sich David zum konföderierten Bandmitglied – und wird seitdem nicht müde, Interviewer weltweit aufhis other band hinzuweisen. So tourte er 1991 auch extensiv mit uns durch Europa. Als wir 1992 zusammen in Austin bei dem „South By Southwest“-Festival auftraten (Freundschaften-stiftendes Programm an jenem Abend im „Emo Club“: Bad Livers, Southern Culture On The Skids, F.S.K. mit David, Cracker, Setters), war gerade Crackers Debüt-Album erschienen; kurz darauf sollte David mit seiner neuen Band für ein ganzes Jahr auf Tournee gehen.
1993 zogen wir erneut nach Richmond, wo David und John inzwischen in einem funky Studio im Jackson Ward, der afroamerikanischen Inner City, arbeiteten. Und wieder stand David ungeduldig am Flughafen, mit ergaunertem Mietwagen, Appartement und Kindergartenplätzen für unsere Töchter. (David ist ein Organisationsgenie: In den 80ern managte er vorübergehend eine kalifornische Hühnerfarm.) Wieder produzierte er uns ehrenamtlich (das F.S.K.-Album „The Sound Of Music“), steuerte – wie jedesmal – eigenes Handwerk sowie Songs bei, die für Cracker zu verspielt gewesen wären, und versuchte sich erfolgreich in German rocals. Vor David hatten wir zehn Jahre lang hyperdemokratisch miteinander musiziert und alles gleich laut abgemischt. David ließ uns von A bis Z durchspielen, schaltete uns aber beim Abmischen höchst kreativ dauernd aus und ein. Andere hätten wir (die wir uns, abgesehen von einem Album und all den Peel-Sessions, immer selbst produziert hatten) deswegen verprügelt; David liebten wir dafür, daß er die tiefere Absicht, sprich: die höhere Dramaturgie unserer Musik erkannte. (Inzwischen schreiben wir unsere Songs gleich so, wie David sie mixt.) Kaum waren wir zurück in München, chartete das zweite Cracker-Album „Kerosene Hat“. David, der plötzlich zehnmal so viele Platten wie früher mit Camper verkaufte, erwarb das Studio im Jackson Ward und taufte es nach unserem zweiten Richmond-Album. 1995 nahmen wir dort unser aktuelles „Itnternational“-Album auf, wieder in alter Konstellation (Lowery/Morand), dann gingen wir in einem riesigen Bus von Bill Graham auf Tournee, eroberten das junge Amerika und unterschrieben in Chicago einen Plattenvertrag. (Während wir hierzulande gerade mal mit zwei schlappen PKWs touren.) Online wurden die F.S.K.-Shows täglich auf der Camper-Seite verhandelt, seltener unter Cracker. (Klar, daß F.S.K. in den USA „Incredibly Strange Music“ sind. Und David war glücklich, daß er endlich mal wieder in kleineren, angesagten Venues spielen konnte.) Nun höre ich Crackers neues Album „The Golden Age“, von Dennis Herring und David Lowery produziert, und erkenne entzückt: White Trash-Tendenzen wurden über weite Strecken von Glamour, Camp und Euro-Trash abgelöst! Nächstes Werk in Münchens Musicland Studios aufnehmen!