Musik mit Aha-Effekt
Er ist ein Künstler; der Zuverlässigkeit vermittelt. In großen, aber regelmäßigen Abständen erscheint ein neues Album von Leon Redbone. Dabei wird die Bedeutung von Begriffen wie „neu“, „hip“, „angesagt“ oder „zeitgemäß“ überzeugend ad absurdum gefuhrt. Es gibt dann halt ein weiteres Werk mit lauter zeitlosen Preziosen. Elf Alben hat uns Redbone seit 1975 beschert, und jeder Haushalt sollte mindestens ein Exemplar davon besitzen. Vielleicht jlny Time“, das gerade erschien. Diese Musik passt immer und überall. „Meine Arbeit soll keine akademische Übung sein, sondern die Songs sollen gefallen. Am schönsten wäre es, wenn sie eine Art therapeutischen Effekt hätten. Wenn jemand dadurch vielleicht glücklicher würde.“
Der gebürtige Kanadier Leon Redbone macht Songs, die aus den ersten 30 Jahren des letzten Jahrhunderts stammen könnten. Er könnte ohne Weiteres als Double für Groucho Marx im Nachtclub „Zur blauen Stunde“ überzeugen, spielt bevorzugt melancholische Swing-Songs und setzt auf der Bühne neben Mandoline, Posaune, Klarinette und Banjo als Sound-Effekt schon mal ein altes Transistorradio ein. „Für mich hat sich nie etwas anderes als entspannte, melodische Musik entwickelt Ich hasse Krach. Ich mag’s, wenn es gelassen zugeht.“
Wäre er gern 1935 im legendären „Hot Club de France“ mit Django Reinhard aufgetreten? „Ich hätte lieber zugehört. Selbst mitspielen, das wäre wohl zu aufregend gewesen.“ Sein unwandelbares Stilbewusstsein erklärt der kauzige Träger weißer Anzüge mit ausgeprägter Sturheit. „Ich habe nicht die Energie, mich modisch und musikalisch irgendwelchen Strömungen anzupassen.“
Vielleicht sind deshalb die Redboneschen Songs so ideal für Werbespots, die Zuverlässigkeit und Wohlbefinden vermitteln sollen, etwa „Relax“ für die britische Eisenbahn oder für US-Bier. „Die Commercials waren in der Tat sehr erfolgreich. Meine Musik bekommt so einen Aha-Effekt.“
Dieser Effekt zieht sich durch sein Schaffen, seit er Mitte der 70er Jahre durch die US-Fernsehshow „Saturday Night Live“ entdeckt wurde. Bonnie Raitt, Ringo Starr und Merle Haggard zählen zu seinen ewigen Fans, und Bob Dylan beteuert bis heute, falls er mal ein eigenes Label gründen sollte, wäre Leon Redbone sein erster Künstler. Man sieht sich also. „Es herrscht schon eine sehr große Sympathie zwischen uns. Man schätzt halt die Gedankenwelt des anderen.“
Warum also irgendetwas ändern, wenn sich die einmal gefundene Richtung bewährt? „Ich habe mir meinen eigenen Stil geschaffen, und ich hoffe, dass alles, was ich tue, eine gewisse Bedeutung hat. Vielleicht bin ich etwas konservativ, aber im Grunde habe ich nur einen einzigen Anspruch: Es muss gut sein.“ Und möglichst gemächlich eben.