Musik gegen Depression
Mit angeblich satanischen Versen erregten die Gothic-Electro-Avantgardisten Das Ich öffentliches Ärgernis. Inzwischen steckt der Teufel im Detail.
Beats aus dem Kühlregal. Eine panische Stimme, die schwer verdauliche Lyrik-Fetzen in Deutsch hervorpreßt Pompöse, ächzende Streicher-Arrangements ziehen die Schlinge noch enger. Willkommen in der Welt von Das Ich. „Es heißt immer, wir seien supergefrustete Gruftis. Das stimmt nicht, wir sind ziemlich fröhliche Leute“, sagt Bruno Kramm, der die Musik komponiert, während Stefan Ackermann die Texte verfaßt Stücke wie „Gottes Tod“ und „Satans neue Kleider“ veranlaßten die Regenbogen-Presse zu der Vermutung, bei dem Bayreuther Duo handele es sich um waschechte Satanisten. „Damit haben wir nichts zu tun. Wir haben die Kirche und ihre Angst-Symbolismen kritisiert, mit denen sie ihre Macht erhält“ Das Ich kalkulieren mit dem Zwiespalt der Gefühle: „Wir machen Kopfmusik. Ein Album hat bei uns immer ein Konzept. Es gibt keinen überflüssigen Song.“ Gültig auch für das neue Album „Staub“: „Wir bewegen uns auf existentialistisch-expressionistischer Ebene. Deutsch ist für uns wegen seiner vielen Konsonanten interessant, da gibt es polyrhythmische Elemente.
Wir schreiben über das, was uns weh tut. Darüber, daß der Mensch im Fernsehzeitalter vereinsamt und dabei immer mehr entmenschlicht wird.“ Wichtig sind Kramm die Bezüge zur klassischen Musik, der E-Musik. „E-Musik ist der Schlüssel zum Dancefloor. Europäische Klassik kann die Afro-Beat-geprägte Tanzmusik bereichern.“ Opportun: die Frage nach Bayreuth. „Wagner hat großartige Musik gemacht, genau wie Mahler, von dem wir beeinflußt sind. Aber dieser Wagner-Rummel ist widerlich.“