Music City Omaha: Tim Kasher, Songschreiber von The Good Life, über die Musikszene der neuen Metropole des Indie-Folk
Omaha, triste Industriestadt und Businessstadt im US-Bundesstaat Nebraska, ist nicht gerade als Kunstmetropole bekannt. „Wir sind eigentlich mit der Gewissheit aufgewachsen, dass man, wenn man aus Omaha kommt, als Künstler nicht besonders weit kommen kann. Omaha gilt als nowhere city. Selbst in den USA denken sie, da gäbe es nur Cowboys und Indianer“, berichtet Tim Kasher, Sänger und Songschreiber von The Good Life amüsiert. Den Bandnamen hat er von den Straßenschildern, die man passiert, wenn man nach Nebraska fährt, dort steht: „Welcome to Nebraska“, und darunter: „The good life“. „Der Bandname deutet einerseits auf unsere Herkunft hin, und andererseits bedient er das Klischeebild der amerikanischen Ideologie. Ich mag diesen bitteren Sarkasmus, der dahintersteckt: das gute Leben. Ich meine, die Menschen in Nebraska betrinken sich ständig, weil es einfach nichts Anderes zu tun gibt. Da bleibt einem eigentlich nur die Musik.“ So verfügt gerade Omaha über eine äußerst lebendige Musikszene.
„Omaha war immer ein Ort, an dem sowas wie die Folk-Tradition gepflegt wurde. Es gibt dort dieses Cafe, das ‚Kilgore’s‘, wo wir uns immer getrofffen haben, um gute Musik zu hören und selbst dort aufzutreten. Da spielte dann zum Beispiel Conor (Oberst, von den Bright Eyes) an einem Abend seine akustischen Sachen und an einem anderen seine härteren mit seiner Band Commander Venus, zu der ich auch gehörte. Ich spielte aber auch manchmal nur zur akustischen Gitarre und dann wieder mit meiner Band Slowdown Virginia, aus der dann später Cursive wurde. Dort wiederum spielte auch Ted Stevens, einer der Songschreiber von „
Lullaby For The Working Class.“
Drei Indie-Folkpop-Bands aus Omahas musikalischem Kollektiv waren Ende November auch bei uns live zu sehen: die wundervollen Bright Eyes, die verhuschten Azure Ray (die ursprünglich aus Athens stammen) und eben The Good Life. Beim Interview mit Tim Kasher sitzen wir vor dem Konzert in München im Tourbus, dem man die bereits fünfwöchige Konzertreise locker ansieht. Überall liegen Klamotten, leere Bierflaschen und natürlich allerhand CDs. Während unseres Gesprächs schauen immer wieder Musiker der einzelnen Bands vorbei, klimpern ein bisschen auf einer rumliegenden Gitarre und gehen wieder in Richtung Konzertsaal. Auch auf der Bühne war’s im Anschluss ein ständiges Kommen und Gehen. „Wir inspirieren und beeinflussen uns gegenseitig. Da hilft jeder aus, wo er kann. Das ist kein kommerzielles Major-Plattenfirmending. Wir sind ein Haufen Freunde, die versuchen, einander anzutreiben.“ Indianerehrenwort.