Müde Regentänzer

Nach langer Pause unterzogen Franz Ferdinand einige ihrer neuen Songs einem ersten Publikumstest. Das dritte Album kommt dann Anfang 2009

GRÄFENHAINICHEN. FERROPOLIS.

Man hatte gedacht, sie würden nach der langen Pause empfangen wie einst der Heiland in Jerusalem. Aber die stundenlangen Regenfälle hatten offenbar nicht nur den Boden, sondern auch die Moral aufgeweicht. Verständlich. Als Franz Ferdinand nachts um halb eins die Bühne des Melt!-Festivals betreten, hält sich die Begeisterung jedenfalls in Grenzen. Was natürlich nicht zuletzt daran liegt, dass wir auf einem ausdrücklich coolen Festival sind. Massenanimation und andere typische Rock-Rituale finden hier kaum statt. Witzigerweise fügen sich Franz Ferdinand ganz wunderbar in diesen Rahmen. Vier Jahre und zig Platinalben später sind sie ihrem Selbstverständnis nach — das wird heute klar — nämlich immer noch eine kleine, coole Indie-Band. Nicht viel anders als bei ihren ersten Auftritten in Deutschland, allerdings mit einem Unterschied: Der damalige Elan fehlt zunächst. Nach der langen Pause (und einer 20-stündigen) Busfahrt stehen sie noch nicht wieder voll im Saft. Alex Kapranos‘ Stimme wirkt angekratzt, und auch so mancher Chor sitzt nicht richtig. Freilich lassen sich derartige Misslichkeiten mit „The Fallen“, „Come On Home“, „The Dark Of The Matinee“ oder „Do You Want To“ bestens verschleiern — man hatte fast vergessen, wie viele Hits diese Band in so kurzer Zeit geschrieben hat.

Interessanter trotzdem die neuen Songs. Es erzählen ja immer alle, die nächste Platte sei völlig anders, aber bei Franz Ferdinands nun doch erst 2009 erscheinenden, dritten Album könnte das sogar mal stimmen. Die Stroboskopflackernde Geschlechterstudie „Kathryn Kiss Me“ klingt mit Zeilen wie „all you girls never know how the boys react“ noch vertraut. Aber schon „Turn It On“ wird von einem Minimal-Techno-artigen Knarzen aus Nick McCarthys Keyboard eingeleitet, Maracas werden geschüttelt – und elektronisch sowie polyrhythmisch (Afro-Beat!) sollte es ja werden, wie die Band jüngst erklärte.

Über die neuen Stücke finden Franz Ferdinand doch noch in den Abend: „Bite Hard“ entwickelt sich nach getragenem Balladen-Intro zu einem four-to-the-floor-Stampfer mit brachialen Klavierakkorden – und geht direkt in „Take Me Out“ über. „Ulysses“ ist ein Elektro-lastiger Dance-Floor-Smasher mit hundsgemein verzerrtem Nebelhorn-Keyboard, „What She Came For“ wird von einem strikten Beat dominiert und kulminiert in einen Uptempo-Punk-Rock-Part. Alles tanzbar, vieles anders und natürlich: eingängig.

Am Ende stehen dann alle an Paul Thomsons Schlagzeug und dreschen Regentanz-artig auf Becken und Trommeln ein. Und natürlich kommt der Regen wieder, sich mit dem abschließenden Feuerwerk zu einem mächtigen Schlussakkord vereinigend. Gewaltig.

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