Mouse On Mars live in Berlin: Neue Klassik mit Störgeräuschen
Eine konzertante Aufführung mit 17köpfigen Ensemble: Das Theater Hebbel am Ufer (HAU) in Berlin veranstaltete kein reguläres Konzert mit Mouse On Mars, sondern gleich eine zweitägige Revue.
Seit 21 Jahren stehen Jan Werner und Andi Toma für eine ernsthaft-ambitionierte Variante der elektronischen Musik deutscher Prägung. Als Köln-Düsseldorfer Duo schufen die Beiden mal komplex-schwirrende, mal verstärkt rhythmische Kompositionen zwischen Krautrock, Breakbeat und allerlei Dub-Varianten. Statt den Dancefloor zu bedienen, surften die mittlerweile im Berliner Studiokomplex an der Nalepastraße wirkenden Neutöner stets in den Grenzbereichen des Pop. Das brachte ihnen internationale Reputation.
Mit dem Goethe Institut eroberten sie nicht nur Japan. „Die Söhne von Can“ lautete eine plakative Überschrift. So veranstaltete das Theater Hebbel am Ufer (HAU) auch kein reguläres Konzert mit Mouse On Mars, sondern eine zweitägige Revue. Inklusive einer Reihe von Gastauftritten, der Präsentation des Klaus-Lemke-Videos „Lost and Found“ und einem Pop-Up-Store des Avantgarde-Plattenladens A-Musik. Die Welt von Mouse of Mars, begleitet von illustren Wegbereitern wie Markus Popp (Oval) oder Stereolab-Instrumentalistin Laetitia Sadier.
Das zentrale Element dieses „21 Again Festival“ war eine konzertante Aufführung mit dem 17köpfigen Ensemble Musikfabrik, die 2011 ihren Ursprung in der Kölner Philharmonie hatte. Unter der Leitung von Dirigent André De Ridder wurde mit großem Besteck polyphon geklöppelt. Allein das Schlagwerk nahm mehrere Quadratmeter ein. Die Holzinstrumente vibrierten und die Waldhornisten brachte eine Conch-Muschel, die die man sonst nur aus der karibischen Musikkultur kennt, zum Erklingen. Dazu wippten Werner und Toma hinter ihren Laptops und verursachten Störgeräusche.
Manchmal fühlte man sich an eine Drum`n`Bass-Version von „Peter und der Wolf“ erinnert, zu der Bühnen-Elektriker unter Gebritzel und Gebratzel die Verkabelung reparieren. Ein avanciertes Klangspektakel also, das vielfach mit lautem Beifall goutiert wurde. Die serielle Routine des Rock ist hier ganz weit weg. Stattdessen werden freigeistig Grenzen ausgelotet, was trotz aller Wucht eine Angelegenheit der Ratio bleibt. Musik für die Kopfstarken also.