Morrissey verteidigt Kevin Spacey – „Angriffe sind total unnötig“
In einem Interview mit dem „Spiegel“ erzählte Morrissey, dass er die Vorwürfe gegen Kevin Spacey nicht verstehen kann. Den vermeintlichen Opfern gibt er eine Mitschuld.
Er ist dafür bekannt, eine konservative und oft auch kontroverse Meinung zu haben. Was Morrissey kürzlich in einem Interview mit dem „Spiegel“ vom Stapel ließ, dürfte einige Gemüter allerdings ganz besonders erhitzen. So ließ er sich beispielsweise darüber aus, dass Berlin inzwischen zur Vergewaltigungshauptstadt verkommen sei und sich nebenbei alle europäischen Länder von ihrer Kultur verabschieden müssten; schuld daran hätten die offenen Grenzen Europas.
Thema: Hollywood
Auch ein sehr aktuelles und stark emotionsgeladenes Thema griff der Musiker im Gespräch auf: Die in Hollywood momentan täglich neu aufkommenden Vorwürfe der sexuellen Belästigung oder des Missbrauchs, ausgeführt häufig von den Mächtigen des Filmbusiness. Immer mehr Frauen und Männer hatten sich in den letzten Wochen zu Wort gemeldet, um zu erzählen, wie sehr sie in vergangenen Jahren mit dem zu kämpfen hatten, was ihnen von Kollegen und Vorgesetzten angetan wurde.Angefangen mit dem US-amerikanischen Filmproduzenten Harvey Weinstein, wurde die Liste der Beschuldigten länger und länger; auch der zweifache Oscar-Gewinner Kevin Spacey fand sich auf ebendieser wieder – er soll im Alter von 26 Jahren den damals erst vierzehnjährigen Anthony Rapp bedrängt haben. Spacey entschuldigte sich (über 30 Jahre später) öffentlich und hängte auch gleich noch ein Coming-Out an, um, wie viele vermuteten, von den Vorwürfen abzulenken und ihnen die Härte zu nehmen.
Bei einem hat das offensichtlich gefruchtet – denn Morrissey nahm den 58-Jährigen in besagtem Interview in Schutz. Er finde, die Vorwürfe klängen nicht besonders glaubwürdig, was die Hetzjagd auf Spacey absolut unnötig mache, so der Brite. Man müsse sich überlegen, ob die heutige Definition von Belästigung nicht etwas übertrieben sei und man diese Grenzen nicht wieder etwas auflockern sollte.„Hätte der Vorfall ihnen eine großartige Karriere verschafft, dann würden sie sich heute niemals darüber beschweren.“
Zwar sei er absolut gegen jede Form sexueller Gewalt, allerdings könne er sich gut vorstellen, dass die damaligen Opfer von Spacey und Weinstein „einfach nur enttäuscht“ seien – denn „hätte der Vorfall ihnen eine großartige Karriere verschafft, dann würden sie sich heute niemals darüber beschweren.“ Ebenfalls ganz vorne mit dabei ist Morrissey beim Victim Blaming; ungeniert schiebt er Spaceys Opfer einen Teil der Schuld zu.
„Wo waren die Eltern?“
„Soweit ich weiß, war Spacey als 26-Jähriger mit einem 14-Jährigen allein im Schlafzimmer. Da fragt man sich doch, wo die Eltern des Jungen waren. Und man fragt sich auch, ob der Junge nicht hätte ahnen können, was passieren wird. Also ich habe in meiner Jugend nie solche Situationen erlebt, mir war immer klar, was hätte passieren können. Wenn man bei jemandem im Schlafzimmer ist, dann muss man sich darüber im Klaren sein, wo das hinführen kann. Und genau deshalb finde ich die Geschichte nicht wirklich glaubwürdig; für mich sieht das so aus, als würde Kevin Spacey grundlos attackiert.“Dass allein das Old Vic Theatre in London, wo Spacey elf Jahre als künstlerischer Leiter tätig war, 20 Beschwerden damaliger Mitarbeiter über den Schauspieler entgegen nehmen musste, die allesamt mit sexueller Belästigung zu tun hatten, scheint Morrissey entweder nicht gewusst oder irgendwie ausgeblendet zu haben.