Moby Grape: Psychedelic-Rock-Legende Jerry Miller ist tot
Als Eric Clapton zum erste Mal nach Amerika kam, nannte er ihn „den besten Gitarristen der Welt“
Jerry Miller, einer der einflussreichsten Musiker der Hippie- und Psychedelic-Musikszene im San Francisco der späten 1960er , ist am Samstagabend (20. Juli) im Alter von 81 Jahren in Tacoma im Staat Washington gestorben. Eine Todesursache ist bislang nicht bekannt.
Millers Tod wurde auf der öffentlichen Facebook-Fanpage seiner Band Moby Grape von einem befreundeten US-Musikjournalisten öffentlich gemacht.
„Traurig, aber wahr. Jerry Miller ist letzte Nacht verstorben“, heißt es dort. „Jo und die Familie bitten darum, dass jeder ihnen etwas Privatsphäre und Respekt entgegenbringt, und Jo hat zudem darum gebeten, dass Fans und Freunde bis auf weiteres von jeglichen Anrufen absehen. Thank you.“ Andere Mitglieder der Gruppe teilten daraufhin Textnachrichten, in denen dazu aufgerufen wurde, „den Äther mit seiner Musik zu überschwemmen“.
Es war der Beginn zur Flower-Power-Zeit, die Straßenkreuzung Haight/Ashbury markierte eine ganze Lebenseinstellung
Millers Karriere begann bereits in den späten 1950er Jahren, als er mit populären Dance-Rock-Bands aus dem Nordwesten spielte und Aufnahmen machte. Er spielte Gitarre auf einer frühen Version des Hits „I Fought the Law“ von The Bobby Fuller Four, den The Clash zwei Jahrzehnte später in der Punk-Szene populär machten. In seiner Zeit in Seattle zählte er Jimi Hendrix zu seinen Kumpels.
Ab 1966 gründete er dann in San Francisco seine eigene Band Moby Grape, zusammen mit den Gitarristen Peter Lewis und Skip Spence. Es war der Beginn zur Flower-Power-Zeit, die Straßenkreuzung Haight/Ashbury markierte eine ganze Lebenseinstellung. Im legendären Club Fillmore West begann die Ära des Psychedelic Rock. Sound-Experimente und Ölscheiben-Lichtshows, auch Moby Grape gehörten in dieses Umfeld. Als Eric Clapton Miller 1967 zum ersten Mal mit Cream in den Vereinigten Staaten auf Tour waren, nannte er Jerry Miller den „besten Gitarristen der Welt“.
Moby Grapes selbstbetiteltes Debütalbum aus dem gleichen Jahr war bei seiner Veröffentlichung nur ein bescheidener Erfolg. Im Laufe der Zeit wuchs seine Aura allerdings durch allerlei Coverversionen der Songs, die von Robert Plant, Cat Power oder Michael Stipe aufgenommen wurden. In den 500er-Liste der „Besten Alben aller Zeiten“ des amerikanischen ROLLING STONE erreichten Moby Grape im Jahr 2003 Platz 121; Jerry Miller kam auf Platz 68 der 100 „Besten Gitarristen aller Zeiten“. In weiten Phasen seiner Karriere blieb er seiner Gibson L-5 CES Florentine treu.
Die erste Phase von Millers Band war nicht von langer Dauer. Bis 1969 erschienen drei weitere Alben: Das Doppelalbum „Wow/Grape Jam“ (1968) sowie „Moby Grape ’69“ und „Truly Fine Citizen“ (1969), wobei die beiden letzteren einen Wechsel zum Country Rock markieren.
Im Laufe der nächsten Jahrzehnte löste sich die Band auf und kam von den 1970er bis zu den 1990er-Jahren mehrmals wieder zusammen, wobei die Mitglieder Spence und Bob Moseley mit Drogensucht und psychischen Krankheiten zu kämpfen hatten. Die letzte Wiedervereinigung fand 2007 mit einem einmaligen Konzert statt. Dort spielten Miller, Moseley und Lewis zusammen mit Schlagzeuger Don Stevenson.
„Wir sprechen manchmal darüber, wieder zusammenzukommen“
In einem Interview mit der „Seattle Time“s aus dem Jahr 2021 verriet Miller, dass er und die überlebenden Mitglieder der Band offen für eine Wiedervereinigung wären. „Wir sprechen manchmal darüber, wieder zusammenzukommen. Doch die ganze COVID-Sache hat nicht gerade geholfen“, sagte er.
Gleichwohl hat die turbulente Karriere der Band Miller nie aus der Ruhe gebracht. „So wie ich es sehe, bin ich der glücklichste Mensch der Welt“, sagte Miller 2023 in einem Interview. „Ich habe immer noch meine Gesundheit und meine Musik, und ich kann immer noch das tun, was ich am meisten liebe, um meinen Lebensunterhalt zu verdienen. Vielleicht wurden die Grape verarscht, aber was soll’s? Wenn man nicht abgezockt wurde, war man noch nie im Musikgeschäft.“
Der Musiker und Haight-Ashbury-Veteran Bill Cutler nahm auf Facebook Abschied von Miller. „Das erstaunliche Debütalbum von Moby Grape war 1967 der Grund, warum ich mich entschloss, als junger Songwriter nach San Francisco zu ziehen. Wir haben einige wunderbare Zeiten zusammen verbracht, als er in Santa Cruz lebte. Ich werde ihn für den Rest meiner Tage vermissen. Er war ein Gigant und sein Tod ist ein großer Verlust für die Musik.“