Mit Stand- und Spielbein: So war’s beim Ersatzkonzert der Foo Fighters in Milton Keynes
ROLLING-STONE-Autorin Kristina Baum über das Ersatzkonzert der Foo Fighters am 6. September in Milton Keynes.
Zwölf Wochen sind seit dem „ultimativen Stage Dive“ vergangen – inzwischen kann Dave Grohl über seinen folgenschweren Bühnenunfall witzeln. Kein Wunder, haben die Foo Fighters doch einen beeindruckenden Image-Coup gelandet, der ihren ohnehin schon als Sympathieträger bekannten Frontmann zum unkaputtbaren Fabelwesen hochjubelte. Der Renner am Merch-Stand sind deshalb ohne Frage T-Shirts mit den Aufdrucken „Break A Leg“ und der Röntgenaufnahme seines zerschmetterten Wadenbeins.
Eine letzte Sache bügelt Grohl nun noch aus: Die ausgefallenen Shows in Großbritannien müssen nachgeholt werden. Die Londoner Ersatzkonzerte finden nicht wie ursprünglich geplant im Wembley Stadium statt, dafür darf die nicht minder geschichtsträchtige National Bowl in Milton Keynes herhalten. Als Support-Acts – wenn man sie noch so bezeichnen darf – dienen der Band Royal Blood und Iggy Pop, die vom Publikum brav beklatscht werden, aber weder Moshpits und noch entfesselte Fan-Gesänge hervorrufen, denn so kurz vor dem Ziel werden Kräfte gespart. Als zu den ersten Takten von „All My Life“ der Vorhang fällt, entlädt sich die Anspannung aus 65.000 Körpern – endlich. Mit „Times Like These“ und „Learn To Fly“, die der stolze Thronbesitzer den Runway auf- und abfahrend absolviert, legt die Band noch zwei Hits nach, bevor sich der erste Staub über die hechelnden Zuschauer legen kann.
Wird er heute wieder jemanden zum Weinen bringen? Ein Wahnsinns-Cover spielen? Mit mir ein Bier auf der Bühne exen? Nichts von alledem geschieht, das Publikum bekommt bloß exzellenten Stadionrock – zweieinhalb Stunden ohne Pause, mit einem Anheizer, der sich trotz Verletzung sitzend die größte Mühe gibt, den hohen Erwartungen seiner anspruchsvollen Fans gerecht zu werden. Auch Grohlsche Stargast-Überraschungen aus dem privaten Rolodex bleiben aus. Am Abend zuvor hatten sich John Paul Jones und Roger Taylor für ein Cover von „Under Pressure“ auf die Bühne begeben, den Besuchern der zweiten Show muss ein Schwank aus der Jugend genügen – darüber, wie er mit 19 Jahren während einer Tour mit Scream für einen Abend Drummer von Iggy Pop sein durfte. Den folgenden Song „These Days“ widmet er eben jenem Helden, der trotz seiner Anwesenheit nicht noch einmal auf die Bühne zurückkehrt.
Immer wieder predigt Grohl Demut: „Jedes Mal, wenn wir so eine riesige Show buchen, können wir uns nicht vorstellen, dass überhaupt jemand kommt. Wollen die uns überhaupt noch sehen?“ Als später im Set eine Seite reißt, eilt ein Roadie mit einem Ersatz herbei – „Soll ich mir eine andere Gitarre geben lassen oder mit dieser abgefuckten weiterspielen?“ Eine Frage, die selbstverständlich nur lautes Grölen als Antwort zulässt. Mit „Best of You“ und „Everlong“ hat sich die Band noch zwei Evergreens für das Finale aufgehoben, bei denen sich ein letztes Mal die Armhaare aufstellen dürfen. In den ersten Reihen fallen einige dehydrierte, junge Menschen in sich zusammen, während der inzwischen auf Krücken gehende Frontmann auf die Knie geht, um ein letztes Versprechen einzulösen: Ein Autogramm auf den Arm für einen kreischenden Fan am Bühnenrand.
War das Ersatzkonzert nun Pflicht oder Kür, fragen sich einige Fans beim Verlassen des Stadions und betreiben damit wohl Jammern auf hohem Niveau. Die vergangenen Monate sind nicht spurlos an der Band vorbeigegangen. Jetzt, da ein Großteil der mörderischen Welttournee hinter sich gebracht ist, gibt der Frontmann zu, sich auf eine längere Pause zu freuen – etwas, das er sofort zurücknehmen muss, um dem Publikum keine Angst zu machen. „Sooner or later, later or sooner. You never know.“
Setlist der Foo Fighters in Milton Keynes (6. September):
All My Life
Times Like These
Learn to Fly
Something From Nothing
The Pretender
Up in Arms
Congregation
Walk
Low Rider (War-Cover)
Eruption (Van-Halen-Cover)
I’m the Onev(Van-Halen-Cover)
Another One Bites the Dust (Queen-Cover)
No Fun (The-Stooges-Cover)
Cold Day in the Sun
My Hero
White Limo
Arlandria
Outside
Breakout
Hey, Johnny Park!
Monkey Wrench
These Days
This Is a Call
Best of You
Everlong