Mit Sonne im Herzen
Gerade in schweren Zeiten brauchen Menschen fröhliche Songs. Und die findet man auf dem neuen Werk der kalifornischen Ska-Popper SMASH MOUTH wieder einmal zuhauf
Vor kurzem haben Smash Mouth in New York gespielt. Sie hatten Angst davor. Ob eine „Spaßband“ dort auftreten sollte, ganz in der Nähe der Ruine, die früher das World Trade Center war? Eine Band, die auf „good time songs“ abonniert ist und mit einem Lied namens „Walkin‘ On The Sun“ berühmt wurde? Sänger Steve Harwell war verunsichert, doch das Konzert wurde ein voller Erfolg: „Es war sehr seltsam, auf die Bühne zu gehen, aber die Leute gingen unglaublich ab. Man will wieder lachen und rausgehen und Freude haben. Hoffe ich.“
Harwell hofft das umso mehr, da Mitte November das dritte Album seiner Band erscheint. „Smash Mouth“ wird es heißen, was keinen Neuanfang markieren soll: Den Kaliforniern fiel einfach kein Titel ein. Musikalisch geht es da weiter, wo „Fush Yu Mang“ und „Astro Lounge“ aufgehört haben: mit schmissigen Melodien und gewitzten Texten, mit Ska und Pop – und mit „I’m A Believer“, das schon auf dem „Shrek“-Soundtrack zu hören war. Mit dieser Coverversion überbrückten die vier die lange Wartezeit auf das neue Album. „Der Song hat uns den Arsch gerettet“, lacht Steve. Man habe halt viel Zeit im Studio verbringen wollen, an Liedern und Stimme gearbeitet, dann zog Produzent Eric Valentine auch noch von San Francisco nach Los Angeles – und drängeln lassen wollten sich Smash Mouth auch nicht. „Wir sind jetzt zufrieden damit, und das ist entscheidend. Wir standen schon sehr unter Druck, denn das dritte Album ist extrem wichtig. Aber gerade deshalb darf es nicht hingerotzt klingen.“
Die erste Single, „Pacific Coast Party“‚, hat sich bereits bewährt. Harwell gibt zu, dass die Band beim Songschreiben immer überlegt, ob der Stoff fürs Radio geeignet ist „Wenn etwas zu schräg ist, dann hat es kaum Chancen. Und wir wollen, dass wir überall gehört werden können.“ Zehn potenzielle Hits hat „Smash Mouth “ nun zu bieten – und ist dabei nicht einmal 34 Minuten lang. An etwaiger Faulheit liegt das nicht, es ist Kalkül: „Wir wollen euch nicht langweilen, wir sind nicht Janet Jackson. Es ist Zeitverschwendung, 70 Minuten aufzunehmen, wenn fast alle Menschen nach der Hälfte genug haben. Außerdem werden wir ja nicht pro Song bezahlt, sondern pro Album.“
Alben wollen sie übrigens noch viele machen. Steve Harwell wundert sich oft darüber, dass man seiner Band so wenig Durchhaltevermögen zutraut: „Die Leute erwarten immer, dass wir bald weg vom Fenster sind, aber das wird nicht passieren. Wir bleiben dabei. Bloß weil wir lustige Songs schreiben, heißt das nicht, dass wir unsere Musik nicht ernst nehmen.“ Er zieht Parallelen zu den Barenaked Ladies oder Sugar Ray. Auch, was die Show betrifft. „Ich sehe mich als Entertainer. Ich muss keine Songs schreiben, um mein Ego zu befriedigen. Wenn ein anderer mir gute Lieder zum Singen gibt, bin ich damit sehr glücklich.“ Die Songs schreiben Gitarrist Greg Camp und Bassist Paul De Lisle, das ist eben so und kein Anlass zum Streiten.
Das Quartett kriegt sich ohnehin selten in die Haare – auch ein Grund, warum man sich wirklich auf die Deutschland-Tournee freut. Endlich „weg von den Sorgen, vom Alltag“, sagt Steve. „Musik ist Therapie für mich. Wenn ich auf der Bühne stehe und dem Publikum Spaß bringe, dann geht es mir auch gut“ Erstaunlich, wie fröhlich der Mann klingt, wenn man bedenkt, dass er sich erst im September einer nicht gerade angenehmen Rückenoperation unterziehen musste – gerade mal zwei Monate, nachdem sein kleiner Sohn Presley an Leukämie gestorben war. Harwell meint nur lakonisch: „Man muss weitermachen. Darum geht es im Leben.“ Und er freut sich schon auf die Dave Matthews Band, auch wenn er sich gar nicht vorstellen kann, dass die hier zu Lande in kleinen Hallen spielt: „In Amerika können die locker riesige Stadien füllen!“ Vbn Embrace hat er nie gehört, aber „die sind sicher okay, der Name ist gut“, und dann fallt ihm etwas ein: „Ich muss unbedingt noch meine Tante und ein paar Cousins aus Trier zu den Gigs einladen.“ Sie werden sich nicht zweimal bitten lassen.