Mit seinen SEAHORSES spielt John Squire – fast – an seinen alten Stone Roses vorbei
Stellen wir uns einmal vor, man drücke sich am Sonntagnachmittag straßensängernderweise vor dem Woolworth im englischen York herum – und wird an Ort und Stelle verpflichtet, um künftig neben Englands vielleicht talentiertestem Gitarristen zu stehen. Ein Hirngespinst?
Chris Helme träumt diesen Traum – und weigert sich kategorisch, ins Reich der Realität zurückzukehren. An dem Tag, als John Squire seinen Ausstieg bei Englands Underdog-Ikonen Stone Roses bekanntgab, nahm nämlich eine Kette von Zufällen ihren Anfang, die wenig später in der eingeplanten Gründung einer neuen Band resultierte. Bassist Stuart Fletcher etwa spielte mit seiner Gruppe just in jenem Pub, in dem Squire gerade seine wiedergewonnene Freiheit in ein paar Pints tunken wollte. Den passenden Sänger hatte Squire auch gleich im Auge, doch der besaß zwar ausgeprägte Stimmbänder – aber partout keine Phantasie, als Squire ihm die rosige Zukunft der Seepferdchen auszumalen versuchte. Zum Glück gab’s noch diesen seltsamen Typen von Woolworth.
„Das Wasser war nicht kalt, sondern angenehm warm“, bestreitet Chris Helme jegliche Form von Bettnässerei, als ihm das überraschende Angebot unterbreitet wurde. „Musik ist Musik, nur der Rahmen ist halt etwas größer.“ Um sodann gelassen und völlig unbeeindruckt drei Songs für „Do It Yourself“ beizusteuern.
Denn während sich die alte Stone Roses-Stimme Ian Brown noch sorgengeplagt im Bett wälzte und über die Ungewisse Zukunft grübelte, lief bei den zusammengewürfelten Seepferdchen alles wie am Schnürchen. „Es war ein geradezu pathologischer Schreibzwang, unter dem ich plötzlich stand“, erinnert sich Squire. „Und mit ‚Standing On Your Head‘ hatte ich gleich noch ein Bonbon in der Schublade, das ich eigentlich für die Stone Roses geschrieben hatte, dann jedoch aufgrund der Querelen lieber unter Verschluß hielt.“
Geburtsort des Albums war LA. aus dem einfachen Grund, daß in einem dortigen Studio ein spezielles Mischpult stand, auf das Squire partout nicht verzichten wollte. Das gleiche Exemplar stehe zwar auch in der Garage von Bryan Adams, „aber das wollten wir uns doch nicht antun“.
Statt des vertrauten John Leckie stand ihnen im Studio der Producer-Grandseigneur Tony Visconti (Bowie, T Rex) zur Seite, der das Seahorses-Menü zwischen Pop und Post-Noelrock gekonnt serviert. Squire hatte sich ursprünglich Krach-Koryphäe Steve Albini als Geburtshelfer gewünscht, doch der war wie vom Etdboden verschluckt „Die Plattenfirma drückte mir daraufhin einen Stapel CDs in die Hand, um auf diesem Weg einen anderen Kandidaten zu finden. Aber irgendwie rutschte eine alte T. Rex-Platte dazwischen und die war einfach viel besser als all der Grunge-Kram.“
„Do It Yourself (man war schließlich mal Punk!) ist das eine Seahorses-Motto – „Love Is The Law“, Titel der ersten Single und des am stonerosigsten Tracks, das andere. Womöglich waren die Roses nicht die Ober-Band, für die man sie hielt Vielleicht kommen Squires beste Jahre erst im Zeichen des Seepferds?
Einen Song aus der gemeinsamen Zeit mit Ian, Reni und Mani jedoch liebt er immer noch: „Your Star Will Shine“.