Mit Kühen reden
Der Songschreiber Merz läßt sich in seinem ländlichen Idyll nicht aus der Ruhe bringen - schon gar nicht von der Plattenfirma
Ich bin hier von Kühen und Schafen umgeben“, erzählt Conrad Lambert, „da ist es eine nette Abwechslung, wenn man mal mit einem Menschen sprechen kann.“ Trotzdem liebt der britische Songwriter und Multiinstrumentalist, der besser unter dem Namen Merz bekannt ist, das Leben auf dem Land. Er braucht viel Ruhe, um Songs schreiben zu können, mit denen er selbst zufrieden ist. Ihn zu drängen ist keine gute Idee. Das bekam seine Ex-Plattenfirma zu spüren: Nach dem Erfolg des Merz-Debüts im Jahr 1999 verlangte Sony schnell Nachschlag. „Die waren nur daran interessiert, schnelles Geld mit mir zu machen“, sagt Lambert, der stattdessen kündigte. Seither hat er sich mit dem Geld, das er mit der ersten Platte verdiente, über Wasser gehalten und wieder aufs Songschreiben konzentriert.
„Ich würde die letzten Jahre zwar als sehr ruhige Zeit bezeichnen“, erklärt er, „aber ich habe hart gearbeitet und mich Tag aus, Tag ein mit meinen Songs auseinandergesetzt.“ Allerdings neigt er nicht dazu, dieses Künstlerdasein zu romantisieren: „Ich hab ja nichts anderes gelernt. Und weil man ja von irgendwas leben muß, mußte ich irgendwann mit der Platte fertig werden.“
So weitabgewandt, in sich versunken und meditativ die Musik von Merz oft klingt, so sehr er für seine Arbeit den Rückzug und die Konzentration braucht, so weltoffen ist Lambert auf der anderen Seite. 48 Länder hat er bislang bereist: „Es gibt so unendlich viele Dinge, die man in anderen Teilen der Welt lernen kann, Dinge, die man zu Hause nie erfahren würden“, sagt der Coldplay-Freund, der vor zwei Jahren in der Mongolei geheiratet hat.
Vielleicht daher die manchmal exotische Instrumentierung der „Lotiefieart“-Songs. Und das Verlangen nach neuen Eindrücken spiegelt sich darin wider, daß Lambert das Album an zwölf verschiedenen Orten aufgenommen hat. Den traurig vor sich hin seufzenden Folksong „My Name Is Sad And The Sea“ hat er etwa in einem Pfarrhaus aus dem 17. Jahrhundert aufgenommen und die Stimmung des alten Gemäuers in sich aufgesogen.
All diese Eindrücke hat er zu einem atmosphärisch-dichten und tiefgründigen Album zwischen Folk und Elektro zusammengefügt, mit Mandoline, Spinett und Drumcomputer: „In den meisten Popsongs geht es doch nicht wirklich um Liebe, sondern nur um so eine Art Teenager-Verliebtsein“, klagt er. .Aber Liebeslieder können mehr Tiefe haben, wenn man erkennt, daß sich hinter Religiosität und Spiritualität eigentlich auch nur Liebe verbirgt.“