Mit konsequentem Kitsch haben die SPARKS Freund und Feind endgültig hinter sich gelassen
Arbeit. Arbeit ist gut. Man sieht’s Ron Mael zwar nicht an, doch es gefallt dem 48jährigen Komponisten, Texter und Arrangeur, hier – in der Produktionshalle einer Videofirma am Rande von Paris über ein schmales Brett zu hetzen, immer, immer wieder, bis es richtig aussieht, das heißt in diesem Falle: gehetzt Denn diese paar Meter sind Teil einer Flucht vor der Fahrt ins Paradies, vor dem Tod also, welche wiederum eine Episode des Videos zur neuen Single „No. 1 Song In Heaven“ darstellt. Und die ist definitiv Teil seines Lebens.
Ron probiert es noch einmal, auch wenn später niemand diesen Mini-Moment im Clip registrieren wird. Doch darum geht es nicht Es soll perfekt sein, einfach so. Zudem: „Er würde es nie zugeben, aber er liebt die Schauspielerei über alles.“
Sein jüngerer Bruder Russell, die Stimme der Sparks, lächelt wissend. Bis nach Mitternacht werden die beiden heute im Studio sein, morgen geht’s für Interviews nach Hamburg, dann nach L.A. und London, vielleicht auch nach Hongkong. „Arbeit ist gut“, murmelt Russell. „Platten machen, Konzerte geben, Filme drehen, Leute treffen, planen und produzieren, etwas schaffen, etwas tun. Das ist das beste. Was gibt es sonst?“
Kunst oder Kinder also. Wobei letztere eine gewisse Eigendynamik entwickeln, während man erstes wollen muß, immer wieder, auch dann, wenn man längst weiß, daß große Werke aus 99% Transpiration und 1% Inspiration bestehen. Durchhalten lohnt sich dennoch, wenn auch nicht zwangsläufig finanziell: Betucht sind die Sparks nach 26 Jahren und einigen Hits immer noch nicht, dafür aber kultig genug, um sich ein Album wie das gerade erschienene „Plagiarism“ leisten zu können. Die Sammlung alter Hits in neuen Fassungen ist eine für Popverhältnisse vergleichsweise anstrengende Schrapnellsammlung aus Spät-80er Elektropop, Früh-90er Gitarrengeklopfe und aggressiver Streicher- und Chor-Arrangements, die Ron Mael der Minimalmusik entliehen hat „Ich liebe John Adams, besonders seine Oper „Nixon in China“. Sein Werk hat eine ganz eigene Popqualität,“ erzählt er gutgelaunt, ganz der postmoderne Popularmusiker, der mit seinen Hörern spielt wie eine Katze mit der Maus. Wunderbar ist seine Welt.
Wenn auch vielleicht etwas abseitig. Zunächst war nämlich geplant, die alten Songs mit Gästen neu einzuspielen. Der Plan scheiterte gleich doppelt: „Wir haben etliche Kollegen angesprochen“, erzählt Russell, „aber viele sagten aus einem überraschenden Grund ab: Sie hatten das Gefühl, unseren Songs nicht gerecht werden zu können.“
Andere versuchten sich an den bizarren Harmonie- und Akkordfolgen, die Ron – ohne Rücksicht auf ihre Gitarren-Spielbarkeit – daheim am Klavier komponiert Und scheiterten kläglich: „Wir haben einige Aufnahmen mit Gästen gemacht, die wir aber nicht benutzen konnten“, erzählt Ron – und fugt entschuldigend hinzu: „Ich kann natürlich nicht sagen, wer das war.“
Ein bißchen stolz sind sie darauf aber schon. So lange springen sie nun schon von den Klippen der Ekstase, auf den Lippen Lieder am Rande des Singbaren, im Herzen Sehnsucht nach dem finalen Song und jetzt kann ihnen niemand mehr folgen. Auch ein Erfolg.