Mit Handgranate im Gehirn: Clawfinger kämpfen auf ihrem Außenposten für vernünftige Drogenpolitik
Zak steht auf Schnupftabak. „Das Zeug kommt genauso ‚rüber wie Zigaretten, ist ’ne Menge Nikotin drin. Ein typisch schwedisches Laster“, erläutert der Sänger sein Ritual. Davon wächst kein ordentlicher Lungenkrebs, sondern eher das skandinavische Modell „Nasenscheidewand-Nebenhöhlen-Karzinom“ oder ähnliches. Schont aber enorm die Stimmbänder.
Von stärkerem Tobak will die Band nichts wissen. „Wir trinken nicht und nehmen keine Drogen.“ Überhaupt ist Zak Tell voll auf der Linie seiner Regierung. Sie betreibt die wohl restriktivste Drogenpolitik der Welt, unter dem Rubrum „schwedisches Modell“ bekannt. „Ich bin dagegen, daß weiche oder gar harte Drogen erlaubt werden. Rockbands, die sowas propagieren, sind doch erbärmlich! Das macht das Drogenproblem nur noch schlimmer.“
Clawfinger, die kleine Sensation aus Stockholm, stilistisch zuweilen Faith No More nicht unähnlich, avancierten mit brachialen Hip-Hop meets Metal-Nummern („Nigger“, „Warfair“) zu Europas Crossover-Stars. Das Debüt „Deaf, Dumb & Bund“ (1993), in Skandinavien vergoldet, verkaufte sich allein in Deutschland über 200 000 Mal.
Betont unbequem wird jetzt gegen gelockerte Drogen-Programme agitiert. „Die High“: Das Stück verhilft dem altgedienten 68er-Genre „Protest-Song“ zu ungeahnter Variante. „Die Leute nehmen ja keine Drogen, weil sie zufrieden sind. Die sind gefrustet. Es muß andere Wege geben, um diesen Menschen zu helfen“, grübelt der Ex-Altenpfleger. „Use Your Brain“ – empfiehlt das zweite Clawfinger-Album, auf dessen Cover eine Handgranate in Hirn-Design prangt. „Wir haben diesmal doppelt so lang für die Aufnahmen gebraucht“, gesteht Zak Tell. Es klingt fast dramatisch: „Fünf Wochen.“ Gemach, gemacht So lang tüftelte einst Bob Rock allein am Drum-Sound der letzten Metallica-Platte.
Bei Clawfinger wurde weniger experimentiert. Gleiches Studio, gleiches Team, gleicher Sound. „Wir haben so wenig wie möglich darüber nachgedacht, daß da draußen 350 000 Fans auf diese Platte warten. Von Berühmtwerden war ja nie die Rede.“ So kann es gehen.