Mit Geigen und Pauken: Songs zur Olympiade von 1984 bis 2012

Es geht um die ganz großen Gefühle, um Sieg, Niederlage, den großen Traum und die alles entscheidenden Sekunden und Zentimeter. Seit 1984 haben verschiedene Komponisten und Musiker Songs für die Olympischen Spiele geschrieben und gesungen - wir haben einmal einen Streifzug durch die Jahre gewagt und sind u.a. auf Giorgio Moroder, Freddie Mercury und Jackie Chan gestoßen.

Es geht um die ganz großen Gefühle, um Sieg, Niederlage, den großen Traum, den Platz ganz oben auf der Treppe und die alles entscheidenden Sekunden und Zentimeter. Seit den 80er Jahren gab es zu allen Olympischen Spielen offizielle und inoffizielle Songs, die eben diese Gefühle unterstreichen und oft mit viel Pathos musikalisch ausmalen sollten, um den sportlichen Ehrgeiz zu stärken oder auch das Zusammengehörigkeitsgefühl zu untermauern. Wir haben die Haupthymnen der vergangenen Jahre zusammengesucht und uns noch einmal, mal lieber mal weniger gern, zu Gemüte geführt.
 

1984 Los Angeles: Giorgio Moroder – „Reach Out“

Die Geschichte der Olympia-Songs begann 1984 bei den Sommerspielen in Los Angeles. Erstmals wurde ein offizieller Soundtrack für die Spiele gewählt, der die Dramatik des Events musikalisch untermalen sollte. Die Wahl fiel auf „Reach Out“ von Giorgio Moroder, der sich in den folgenden Jahren auch als offensichtlich beliebter Komponist für Sportgroßevents entpuppte. So stammen auch die Hymne für die Olympischen Spiele 1988 sowie für die Fußball-WM 1990 und der inoffizielle Olympia-Song „Forever Friends“ für die Sommerspiele 2008 in Peking aus seiner Feder. Der Song „Reach Out“, der 1984 die Spiele begleitete, setzt nach einem pathetisch-gezogenen Anfang auf einen Disko-Fox-Tanzbeat und anfeuernde Textzeilen, die auf den Punkt noch einmal auf den historischen Wert des Events hinweisen und in bester Trainermanier anfeuern: „Now ist he time to take hold of your dream/ you’re standing on the edge of history / so let the games begin / may the best man win – reach out fort he medal“. Wenn da nicht alles drin ist…

1988 Seoul, Korea: Koreana – „Hand in Hand“

Mit „Hand in Hand“, ebenfalls aus der Feder Moroders, gesungen jedoch von dem Koreanischen Duo Koreana, ging es 1988 in Seoul weiter. Während es Anfang der 80er noch vordergründig um den Kampf um die Medaille ging, tritt hier der große „Wir“-Gedanke in den textlichen Fokus und anstelle des Discobeats eine getragene Melodie, zu der man sich, auch ohne Kenntnis von Titel und Text, automatisch fest an den Händen fassen und leicht beschwingt im Kreis tanzen möchte – spätestens im Refrain. Dem Olympia-Gedanken folgend gilt diese Aufforderung eben dazu natürlich „across the land“. Denn ab diesem Moment können wir sicher alle harmonisch für immer weiter leben, behaupten die Lyrics. Immerhin ein schöner Gedanke im geteilten Korea. Wenn das ganze doch bloß mit ein bisschen weniger Choreinsätzen und Kirchenstuhlkreiserinnerungen untermauert wäre….

Doch auch wenn es sich bei „Hand In Hand“ um den offiziell auserkorenen Olympiasong des Jahres handelt, trat ein anderes Lied bei den Spielen in Seoul deutlich in den Vordergrund: Im Sommer des Jahres veröffentlichte Whitney Houston „One Moment In Time“, gegen das „Hand in Hand“ trotz Schunkelkreisromantik keine guten Karten hatte und selbst bei Medaillenverleihungen schnell ausgetauscht wurde. „One Moment In Time“ entwickelte sich von da an zudem zu einer Art ewigen Olympia-Hymne, die seither immer wieder gern von Fans, Radiostationen und Fernsehdirektoren passend hervorgekramt wird:

1992 Barcelona I: Freddie Mercury & Montserrat Caballé – „Barcelona“

Für die Sommerspiele in Barcelona stand eigentlich schon lang vor der Veranstaltung „Barcelona“ von Freddie Mercury und Montserrat Caballé als offizielle Hymne fest. Mercury hatte den Song, den er zusammen mit der Opernsängerin Caballé im Duett vorträgt, bereits 1987 fertig geschrieben. Doch leider konnte er ihn selbst bei den Spielen nicht mehr singen, da Mercury bereits 1991 verstarb. Der Song wurde trotzdem gespielt, unterlegt mit einem Video, das Bilder der Stadt zeigte. Hier ein Auftritt von Mercury und Caballé aus dem Jahr 1988, der einmal mehr das beeindruckende Gesangs- und Showtalent Mercurys verdeutlicht, das ihn auch neben einer der bedeutendsten Opernsängerinnen des 20. Jahrhunderts nicht blass wirken lässt:

1992 Barcelona II: Sarah Brightman und José Carreras – „Amigos para siempre“

Anstelle des eigentlich geplanten Songs „Barcelona“ sprangen für die Eröffnungsgala dann Sarah Brightman und José Carreras mit dem von Andrew Webber und Don Black geschriebenen, „Amigos para siempre“ – also „Freunde für immer“ – ein. Über sicher ebenfalls beeindruckend vielen Oktaven besingen sie hier schnulzig ihre angebliche Freundschaft zur gelegentlich eingestreuten Flamenco-Gitarre und großen orchestralen Ausbrüchen. Für das olympische Gefühl werden hin und wieder Bilder von schwimmenden, springenden und turnenden Olympiateilnehmern gezeigt. Ansonsten drängt sich der Bezug zum rahmengebenden Event nicht unbedingt auf:

1996 Atlanta: Gloria Estefan – „Reach“

Irgendwie würde der Song von Gloria Estefan, der die Spiele 1996 in Atlanta begleitete, auch gut in einen Disneyfilm passen, in dem ein kleines zerzaustes Tier davon träumt, einmal den Berg bis zur Spitze zu erklimmen oder Fliegen zu lernen. Dass sich bei dem Song schnell große Filmmomente im Kopf einstellen, liegt sicher darin begründet, dass Estefan den Titel zusammen mit Diane Warren geschrieben hat, die sich ihrerseits beispielsweise für „There You’ll Be“ in „Pearl Harbor“ und „I Don’t Want To Miss A Thing“ in „Armageddon“  – also die ganz großen Filmmomente – verantwortlich zeigt. Passend dazu wurde „Reach“ auch für einen Grammy nominiert, der dann jedoch an Toni Braxtons Herzschmerzhymne „Unbreak My Heart“ verteilt wurde. Doch zurück zu den Olympischen Spielen passt der Traum davon ,“Nur ein wenig höher zu reichen“, nur „für einen Moment den Himmel zu berühren“ natürlich nicht bloß zu kleinen zerzausten Disneyfiguren, sondern auch zur olympisch angestachelten Leidenschaft und zum Ehrgeiz Rekorde zu knacken:

2000 Sydney: Tina Arena – „In Flame“

Endlich, das hatte bei den vorherigen Hymnen durchgehend gefehlt: der Kinderchor. Bei Tina Arenas Olympiasong für die Spiele in Sydney steht er nun endlich da und ergänzt den finalen Refrain mit hellen Stimmen. Ansonsten greift auch dieser Song die Schlüsselbegriffe „Moment“, „together“ und „reach“ auf und so werden wir auch 2000 wieder einmal alle zum Besten, was wir bloß sein können. Natürlich gemeinschaftlich. Mit Geigen und Pauken.

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2004 Athen: Björk – „Oceania“

Griechenland traf für die Eröffnungsveranstaltung eine ungewöhnliche Wahl: Björk sang 2004 in Athen „Oceania“, das dann später auf ihrem Album „Medúlla“ veröffentlicht wurde. Mit Blick auf die vorherigen olympischen Eröffnungsacts wahrlich überraschend – auch weil sich der Song thematisch keineswegs um die abgesteckten Themenberreiche dreht, dafür aber hervorragend in das Thema der Eröffnungsfeier passte, die griechische Geschichte und ihren mythologischen Ursprung. Die Stadiomitte wurde für die Feierlichkeiten geflutet und Björk besang von einer Art Felsen herab den „Mother Ocean“:

 

2008 Peking: Jackie Chan – „We Are Ready“

Man kennt ihn schwingend am Stahlseil mit Schwert in der Hand, im Kung Fu-Schritt hüpfend auf bedrohlich gespannten Holzdielen über kilometertiefen Abgründe, um das Böse der Welt in selbige zu stoßen. Jackie Chan ist komödiantischer und kämpfender Meister in dieser Disziplin. In rund 80 Filmen hat er Verbrechern schon die Leviten gelesen. Doch eben dieser Jackie Chan hat noch andere Talente – oder übt sich zumindest in jenen. In einer Vielzahl seiner Filme hat er nämlich auch als Sänger bei den Soundtracks mitgewirkt und wurde in dieser Rolle auch bei den Olympischen Spielen 2000 in Peking auf die Bühne gebeten. Dort sang er bei der Eröffnungs- und Abschlussgala den offiziellen Song zu den Sommerspielen: „We Are Ready“. Der Titel erzählt von den langen Vorbereitungen auf diesen Moment, von den vielen verstrichenen Jahren, dem Schweiß, der geflossen ist, bis nun endlich die Träume wahr werden, Und natürlich geht es auch um die Mystik der fünf Farben der fünf Olympischen Ringe. Nun ja, wer würde sich da besser eignen als einer der größten chinesischen Showexportschlager? Dennoch mutet es doch, sagen wir mal, sehr ungewohnt an, Chan, als treuen, anzugtragenden Staatsmann, mit perfektionierter Schlagersonggestik singen zu sehen:

2012 London: Muse – „Survival“

Dass Muse den Song für die diesjährigen Olympischen Spiele liefern, passt natürlich wie die Faust aufs Auge. Wohl kaum eine andere britische Band liebt den Pathos und die hochgetriebenen Spannungskurven so wie das Trio aus Devon. Mit „Survival“ steuern Muse zur diesjährigen Eröffnungsgala nun einen Song bei, der ebenfalls viele der zuvor gennanten Klischees bedient, von „Sieg“ und der „human race“ erzählt und sich schließlich schon parolenhaft zum „Fight! Fight! Fight!, Win! Win! Win!“ hervorarbeitet, dabei mehr denn je an Queen erinnert, aber vor allem dennoch ein Muse-Song bleibt. Statt Kinderchöre und in Glitzerkleid vorgetragene Abendgalagestik gibt es dann endlich auch mal Gitarren:

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