Mit einem abenteuerlichen Stilmix qualifiziert sich SHIVAREE für den „„Darling des Monats“
Mit „Shivaree“ bezeichnet man absichtlich lärmende Kompositionen oder Performances, ein organisiertes Klangchaos, wie wir es von Spike Jones in den 40er Jahren oder in jüngerer Zeit von Captain Beefheart und Tom Waits kennen. Das zweite Album des kalifornischen Trios Shivaree, JRmgh Dreams“, lärmt aber überhaupt nicht. Zunächst denkt man eher an eine perfekt-leichte Sommerplatte, doch bei genauerem Hinhören entpuppt sich das Ganze als eine äußerst intelligente Mischung aus unterschiedlichsten Musikstilen, von Jazz über Arnericana bis Vaudevüle, die eben doch weitaus näher an Tom Waits ist als an unverfänglichem Pop der Marke „Charts“.
Keyboarder Danny McGough und Sängerin Ambrosia Parsley geben, wie sie beim Interview so nebeneinander sitzen, schon ein putziges Bild ab. Kaum vorstellbar, dass diese (fast) jugendliche Schönheit und der etwas kauzige, mindestens mittvierziger Alt-Beatnik in einer Band spielen sollen. Der Dritte im Bunde, Duke McVinnie, ebenfalls schon ein älterer Jahrgang, kann nicht dabei sein, da er auf dem Weg zur Fähre in einen rostigen Nagel trat.
Kennen gelernt haben sich Shivaree auf einer Party, wo sie entdeckten, dass sie eine ziemlich große und in einigen Gebieten deckungsgleiche Plattensammlung haben. „Danny hat die größte, er hat mal in einem Plattenladen gearbeitet. Mehrere Zimmer. Ich komme wohl danach“, bekennt Ambrosia stolz.
Wo man ihr neues Album in der Plattensammlung stilistisch einordnen könnte, wissen sie nicht. Danny versucht’s trotzdem: „Irgendwo zwischen Captain Beemeart und…“ – „…Captain Kangaroo“, vervollständigt Ambrosia, laut losprustend. Die Plattenfirma schreibt was von TripHop-Einflüssen, da rümpfen sie die Nase und lachen verlegen. „Sicher, man kann da alles raushören.“
Am meisten erfährt man über ihre Musik, wenn man sie einfach reden lässt. Sie spricht von der musikalischen Präzision Captain Beefhearts, von Dannys Erlebnis, mit Tom Waits auf der Bühne gestanden zu haben, von Cole Porter und Louis Armstrong, von Otis Redding, der auch für den Albumtitel verantwortlich ist: „Wir saßen im Studio und hörten eine seiner Live-Platte und er schrie ‚rough dreams‘, und alle schauten sich an und schrien zurück: ‚Yeah, no shit. Tell us about it, Otis‘.»
Diese ganzen Einflüsse unter einen Hut zu bringen, scheint kein Problem zu sein: „Sachen, die dich inspirieren, behältst du ja im Kopf“, erklärt Ambrosia, „und wenn du an einem Song arbeitest, erinnerst du dich unbewusst an alles, was da reinpassen könnte. Das funktioniert wie eine Bibliothek.“
Am Ende lässt sie sich dann doch noch zu einer Charakterisierung von „Rough Dreams“ hinreißen: „Diese Musik macht dich einfach sexy. Hey du! Willst du sexy sein? Dann hör dir dieses Album an. It will get you laid.“