Mit der Band Destroyer kann Daniel Bejar launischer arbeiten als mit den New Pornographers
Die offiziellen Fotos von Daniel Bejar führen in die Irre. Auf ihnen sieht er aus, als ob er zu leise sei, aber den meisten Leuten ist er zu laut. Und wenn das ein Problem ist, dann liegt es tief in seinem Stimmtrakt: Auch beim Sprechen klingt Bejar wie der quietschende Al Stewart oder der oft ins Micky-Maus-hafte kippende Monkees-Sänger Davy Jones. Viele hätten gesagt, das neue, fünfte Album seiner Band Destroyer, „This Night“, sei deshalb wieder unanhörbar. erzählt Bejar masochistisch, zieht aber noch etwas Positives heraus, in der für ihn typischen Mischung aus beleidigtem „Fuck you“ und dreifacher Cleverness: „Nachdem ich fünf Jahre lang gehört habe, wie schwer es sei, sich an meine Stimme zu gewöhnen, glaube ich langsam, dass sie etwas besonderes sein muss.“
Also keiner, den man bitten würde, das Telefonbuch von Vancou ver vorzusingen (dort wohnt Daniel Bejar). Seine Texte sind am Ende so außergewöhnlich oder unerträglich wie die Stimme, weil ihnen auf Anhieb kaum Sinn abzuringen ist. Symbolismus, Bewusstseinsstrom, voller Bilder und Gesichter, Nonsens-Zeilen und wenigen zitierfahigen Sprüchen. Dazu spielen Destroyer auf „This Night“ eine zuletzt selten benutzte Form des Fuzzgitarren-Balladen-Rock (spröde melodiös, wie Lou Reed, Neil Young, Bowie), so dass diese verwirrend wundervolle Platte sonderbar allein dasteht, ohne aktuellen Kontext. Das ist Absicht Bejar stellt sich öfters vor, wie es in den Siebzigern wohl gewesen wäre, ein Indie-Rocker zu sein. Seit seinen ersten Platten ist der 30-Jährige berüchtigt dafür, in Texten über die Musikindustrie zu spotten, an die er (wieder so eine willkürliche Schmollhaltung) als Mini-Musiker ja keine Ansprüche zu stellen hat. Nach zwei Destroyer-Alben wurde er immerhin Mitglied der Kanada-Supergroup New Pornographers – und nun, wo diese Band Erfolg hat, macht er kaum noch mit: „Ich bin nicht fürchterlich daran interessiert, in einem festen Line-up zu spielen.“
Wie sich Individualisten so aus den sozialen Pflichten herausstehlen: Auf jeder Destroyer-Platte hat Bejar eine andere Band, immer mit Freunden allerdings. Rock muss es nicht immer sein, aber auf jeden Fall textlastig. „Um ein Buch zu schreiben, ist meine Aufrnerksamkeitsspanne zu klein“, sagt Bejar, „Songtexte passen mir besser – hier und da ein Aphorismus-.“ Und sein Kommentar zur Lage, aus dem Song „Makin‘ Angels“: „Rock’n’roll’s not through yet, I’m sewing wings on this thing.“ Engelsflügel oder Adlerschwingen, so konkret wind er nicht.