Mit dem Alter sind Yo La Tengo milder geworden, aber nicht weniger leidenschaftlich
Wer es bislang noch nicht bis nach Hoboken/New Jersey geschafft hat (und das haben die wenigsten), mag sich wundern, wie überflüssig die Frage ist, warum es das Ehepaar Georgia Hubley und Ira Kaplan nie geschafft hat, aus diesem Kaff rauszukommen, in dem Frank Sinatra geboren wurde, aber sonst außer neuen Yo La Tengo-Platten (so alle drei Jahre) wenig bis gar nichts passiert.
Es müsste doch gelingen, nach nunmehr 17 Jahren Bandgeschichte mal nach New York zu ziehen, denkt man noch, ehe Ira Kaplan generös darüber aufklärt, dass es ja nur eine einzige U-Bahn-Station sei vom beschaulichen Hoboken nach New York. Da erübrige sich der Umzug, auch wenn Bassist James McNew nach wie vor in Brooklyn wohnt. Kaplan, Sänger und Gitarrist bei Yo La Tengo, trägt einen Pullover, wie ihn Sozialkundelehrer gerne tragen. Er ist nun schon 46, sagt er. Vor fast 20 Jahren suchten er und Georgia per Anzeige Musiker, die Mission Of Burma, The Soft Boys, The Velvet Undetground und Love mochten und Lust hatten, ein bisschen rumzulärmen.
Lediglich der Mission Of Burma-Einfluss ist auf „Summer Sun“, einer vergleichsweise milden, ungewohnt leichtherzigen Yo La Tengo-Platte, nicht mehr auszumachen. Vom ungestümen Debüt „Ride The Tiger“ bis heute war es ein langer weg, und Kaplan denkt gern zurück. „Wenn ich mir die beiden ersten Alben heute noch mal angucke, beschleicht mich schon ein komisches Gefühl. Allein die Fotos: Mein Gott, guck dir diese Frisuren an und erst die komischen Klamotten! Ab der dritten Platte bin ich dann stolz auf alles, was wir gemacht haben. Wie viele Bands, die ähnliche Musik machen, sind auch wir immer ruhiger geworden, auch wenn ich nicht erklären kann, warum.“ Seine Leidenschaft für Musik hat sich Kaplan indes bewahrt In „I Shot Andy Warhol“ traten Yo La Tengo als Velvet Underground auf, deren Mitglieder sie nach und nach alle getroffen haben. „Allerdings wurde ich niemals Nico vorgestellt“, erinnert sich Kaplan. „Doch auf unserer ersten Europatour waren wir in sehr billigen Hotels untergebracht, wo man nur in einem Aufenthaltsraum fernsehen konnte. Und da saß Nico plötzlich und schaute sich irgendeine deutsche Serie an. Ich meine sogar, wir hätten uns die Hände geschüttelt“